Wien - "Die Entscheidung von Präsident Bush ist ein interessanter Versuch zum Thema Quadratur des Zirkels", urteilt Politologe Herbert Gottweis (Uni Wien) gegenüber dem STANDARD , "aber ein Ende der Debatte wird sie nicht bringen. Sie ist der Auftakt zu immer emotionaleren Runden." Und sie steht in einer US-Tradition des Nichtentscheidens, die in den 80er-Jahren bei der Embryonenforschung begann. "Die Debatte war so kontrovers, dass man entschied, solche Forschung weder zu verbieten noch zu fördern", berichtet Gottweis: Privatfirmen durften forschen, Universitäten erhielten kein Geld. Das änderte sich, als 1998 erstmals in den USA embryonale Stammzellen kultiviert werden konnten. "Die fundamentale Rechte hat das Thema vehement okkupiert und die Forschung zum Mord erklärt", berichtet Gottweis, "das führte aber dazu, dass sich andere Kritiker nicht zu Wort meldeten, weil sie nicht mit den Fundamentalisten in einem Boot sitzen wollten." So beförderten die Fundamentalisten das Thema ganz wider Willen in die pragmatischen Bahnen der US-Bioethik. Im Jahr 2000 fand die Gesundheitsbehörde NIH einen Kompromiss: Auch öffentlich geförderte Forscher durften an die Zellen, aber sie durften sie nicht selbst herstellen, mussten sie bei Privaten kaufen. Im Präsidentschaftswahlkampf signalisierte Bush, damit ein Ende zu machen, nun setzt er die Nichtentscheidungen fort. Die USA sind nach Großbritannien das zweite Land, das die Forschung gesetzlich regeln will. Anderswo - in Deutschland oder Österreich etwa - gibt es keine expliziten Regelungen: Die Frage ist im Rahmen der Embryonenschutzgesetze erfasst, die die Forschung verbieten. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 11./12. 8. 2001)