Graz - Nach der jüngsten Feuerkatastrophe im Gleinalmtunnel rückt wieder ins Blickfeld, dass auch die Wissenschaft auf Hochtouren arbeitet, um die Sicherheit in Straßentunnels zu verbessern. Was etwa in messbarer Weise in einem Tunnel während eines Großbrandes passiert, wird im Leobener Christian-Doppler-Labor für Rechnergestützte Angewandte Thermofluiddynamik mit aufwändigen Simulationsverfahren berechnet. Insgesamt nehmen sieben europäische Forschungsinstitutionen an dem mit 27 Millionen Schilling dotierten EU-Projekt teil. Extremsituationen Das Forschungsziel lautet, in den kommenden zwei Jahren einen Simulator zur Übung des Verhaltens von Feuerwehrleuten in Extremsituationen zu entwickeln. Zusätzlich soll die fertige Software die Überprüfung der Brandsicherheit von bestehenden und geplanten Tunnels ermöglichen, so Wilhelm Brandstätter, der Leiter des CD-Labors an der Leobener Montanuniversität. Der sperrige Name des Labors umschreibt in wissenschaftlichem Jargon, welche Simulationen im Mittelpunkt stehen: Strömungs- und Verbrennungsprobleme. Die "Kunst der Modellbildung", so Brandstätter, besteht darin, komplexe physikalische und chemische Prozesse so abzubilden, dass sie ein möglichst detailgetreues Bild der Wirklichkeit ergeben und mit den heute vorhandenen Computern berechnet werden können. Entscheidend bei Tunnelbränden ist dabei der Faktor Zeit: "Die Flammen können sich mit bis zu 150 Metern pro Sekunde ausbreiten", so Brandstätter. Die Entscheidungen des Feuerwehrpersonals müssen also im wahrsten Sinn des Wortes blitzschnell fallen. Zur Übung des entsprechenden Verhaltens in solchen Extremsituationen soll der Simulator "Virtual Fires" dienen. Die Simulationen erlauben es, Experimente durchzuführen, wie sie in der Realität nicht machbar sind: Einen Tunnel in Brand zu stecken, um die Sicherheitseinrichtungen zu überprüfen, ist eben nur virtuell sinnvoll. Außerdem seien, meint Brandstätter, "verschiedene Szenarien darstellbar". Das Leobener CD-Labor vernetzt sich mit diesem Projekt mit sechs Forschungsinstitutionen und Firmen aus fünf EU-Ländern. Der Schwerpunkt in Leoben wird die Simulation der Rauchgasausbreitung sein. Die Leitung des Projektes liegt in den Händen des Instituts für Baustatik der Technischen Universität in Graz. Mit dabei - als Anwender - ist die Feuerwehr Dortmund. Weitere Partner sind die Technische Hochschule in Stockholm, mehrere deutsche Fraunhoferinstitute, französische Tunnelbetreiberfirmen und eine spanische Flugzeugerzeugerfirma. Insgesamt verfügt das Labor über ein Budget von jährlich rund zehn Millionen Schilling, das gänzlich aus Drittmitteln stammt. Das Leobener Labor ist eine von 19 derartigen Einrichtungen an Österreichs Universitäten, wobei die Montanuniversität gegenwärtig vier Labors beheimatet. (APA)