Barcelona - Die klinische Psychiatrie wird immer mehr von Molekularbiologen revolutioniert. Nun haben Wissenschafter in Katalonien sogar die genetische Grundlage für so komplexe Krankheitsbilder wie Angstzustände und Panik entdeckt, unter denen in der industrialisierten Welt zehn bis 15 Prozent der Bevölkerung leiden: Das Chromosom Nummer 15 ist ein Hauptrisikofaktor. Die Erkenntnis steht am Ende jahrelanger Detektivarbeit. Dabei gingen die Forscher von einem Zusammenhang aus, den Antoni Bulbena von der psychiatrischen Abteilung des Hospital del Mar in Barcelona schon vor einem Jahrzehnt entdeckt hatte: den der krankhaften Angst mit einer höheren Flexibilität der Gelenke. Bulbena machte sich darob auf die Suche nach genetischen Mechanismen, die dieses Phänomen erklären könnten. Gemeinsam mit Xavier Estivill vom Krebsforschungsinstitut IRO hat er nun am Chromosom 15 nahe des Abschnitts DUP25 die genetische Spur aufgenommen, die "sehr wahrscheinlich" (Estivill) für das Auftreten beider pathologischen Erscheinungen verantwortlich ist: eine Art Verdoppelung bestimmter genetischer Informationen. Nur jeder Fünfte mit dieser quasi überzähligen Geninfo zeigt keine Angstzustände, schreiben die Forscher im molekularbiologischen Journal Cell (Nr. 106, S. 367). Umgekehrt zeigte eine genetische Analyse jener Studienteilnehmer, die unter Panikattacken litten, dass sie allesamt diese Genvariante aufwiesen. Nun wollen die Forscher auch für Depressionen eine genetische Ursache finden. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14./15.8.2001, El País, rosch)