Französische Großunternehmen zeigen sich philanthropisch: Sie bezahlen Studierende für Praktika bei Nichtregierungsorganisationen in der ganzen Welt. Zweck der Übung: Die Unternehmen zeigen ihre soziale Kompetenz, die Studierenden stellen ihre Fähigkeiten sinnvoll zur Verfügung und lernen selbst dazu. Julie Billaud ist eine kritische Konsumentin. Eigentlich mag sie keine multinationalen Supermarktketten. Bezahlt wird die 23-jährige Pariser Politik-Studentin aber von einer der größten weltweit: Carrefour, mit Sitz in Frankreich. Allerdings nicht fürs Regalschlichten, sondern um zusätzliche Gelder für die Non-Governmental-Organisation (NGO) Aide Medicale Internationale an Land zu ziehen. Die "Internationale Medizinische Hilfe" ist eine französische Organisation, die dreimal jährlich eine Fortbildungszeitschrift für Krankenschwestern und Ärzte in asiatischen Krisengebieten veröffentlicht. Möglich wurde die Zusammenarbeit zwischen Geschäftsleuten, NGOs und Studierenden durch das Projekt Companieros.org das von der französischen Consulting-Firma Citadelle im letzten Frühling gestartet wurde. Das Prinzip ist einfach: Ein Unternehmen übernimmt die Patenschaft für einen Praktikumsplatz bei einer Organisation und bezahlt den Studierenden jeweils 9000 Schilling pro Monat. Agnes Dumortier, treibende Kraft des Projekts, weist vor allem auf die Vorteile für die teilnehmenden Unternehmen hin: Diese Kooperationen ermöglichen den Firmen, sich sozial verantwortlich zu betätigen. Sie sollen die humane Dimension des Handels zeigen, denn immerhin soll die Wirtschaft im Dienst der Menschen stehen. Aber auch die Studentin Julie ist sehr zufrieden mit ihrer Aufgabe: "Das zehnwöchige Praktikum gibt mir die Chance, meine Fähigkeiten sinnvoll einzusetzen und dabei auch etwas dazu zu lernen. Die Organisation profitiert von meiner Arbeitskraft und von meinem Blick von außen", sagt sie. Ethisch korrekt Und sie vergisst auch nicht, die Sponsorfirmen zu loben: "Das Image solcher ethisch korrekt handelnden Firmen ist unter den Studierenden und kritischen Kunden sicherlich besser geworden. Die Unternehmen wissen aber auch, dass junge Menschen zunehmend nicht für sozial verantwortungslose Firmen arbeiten wollen." Über 30 Praktika wurden für diesen Sommer vermittelt. Einige dauern nur wenige Wochen, andere sechs Monate. Eingesetzt werden die Studierenden nicht nur in Frankreich, sondern in der ganzen Welt. Egal, ob Entwicklungs-, Umwelt- oder Menschenrechtsprojekte, der Bedarf an helfenden Händen und neuen Ideen ist groß. Deshalb hat Agnes Dumortier eine Liste mit 300 großen französischen Unternehmen angelegt und auf der Homepage des Projekts veröffentlicht. Bei jeder Firma ist ausführlich angeführt, welche Form des Sponsorings sie pflegt. Der Zulauf wird größer, denn keinE ChefIn möchte sich nachsagen lassen, dass die Konkurrenz großzügiger sei. Julie Billaud ist sich solcher Eitelkeiten bewusst. Da sie aber die Welt verändern will, kann sie auch damit leben: "Einige sehen das ganze Projekt sicher nur im Licht des Marketings, viele wollen aber tatsächlich helfen. Das Wichtigste ist, dass wir die Möglichkeit haben, etwas zu tun. Mit welchen Motiven die Firmen dann im konkreten Fall bezahlen, ist für mich nebensächlich." (Matthias Georg Wabl) (D ER S TANDARD , Print-Ausgabe, 14./15.8. 2001)