Klagenfurt/Wien - Den Rettern bot sich ein Bild der Verwüstung: Ein italienischer Reisebus mit polnischen Pilgern an Bord war am Montag gegen sechs Uhr früh auf der Südautobahn (zwischen Klagenfurt und Grafenstein) ungebremst gegen das Ostportal des Reigersdorfer Tunnels geprallt. Das Wrack "klebte" regelrecht, bis zur Hälfte eingedrückt, auf einem vor der Tunneleinfahrt angebrachten Prellbock. Der römische Buslenker wurde durch die Wucht des Aufpralls durch die Windschutzscheibe etwa 20 Meter weit in den Tunnel katapultiert und erlitt lebensgefährliche Kopf- und Bauchverletzungen. 26 der gut 30 Fahrgäste (darunter einige Kinder) wurden mit zum Teil schweren Kopfverletzungen oder Schnittwunden geborgen. "Es war wie nach einer Bombenexplosion", sagte ein Helfer. Als Unfallursache vermutete der Kommandant der Kärntner Verkehrsgendarmerie, Adolf Reiter, Sekundenschlaf: "Ein unmittelbar hinter dem Bus fahrender Zeuge hat geschildert, wie der Bus nach links und rechts geschlingert ist. Kurz vor dem Tunnel dürfte ihn dann der Schlaf übermannt haben." Die Verletzten flogen ÖAMTC- und Rot-Kreuz-Hubschrauber in das Unfallkrankenhaus Klagenfurt. Die Leichtverletzten wurden vor Ort in einer improvisierten Sanitätsstation am Westportal des Tunnels versorgt. Sie konnten ihre Romreise in einem Ersatzbus fortsetzen. Auf der Südautobahn (A2) ist es seit der Eröffnung des Teilstücks Völkermarkt-Klagenfurt vor drei Jahren an Tunnelportalen immer wieder zu schweren Unfällen gekommen. Der Chef der Kärntner Straßenbauabteilung, Erich Ribitsch, fordert nun ein Umdenken bei der "Tunnel-Euphorie". Aber die Straßenmarkierungen müssten im Einfahrtsbereich verbessert sowie Fräßstreifen mit "Rumpeleffekt" angebracht werden. "Straßen-Airbags" Der Straßenerhalter Asfinag ließ wissen, dass an den Tunnels eigene Aufpralldämpfer angebracht sind. Diese so genannten Straßen-Airbags, die auch in der Formel 1 zum Einsatz kommen, bremsten kollidierende Fahrzeuge durch mehrere Luftkammern am Tunnelportal ab. Für den ARBÖ sind diese Spezialdämpfer zu wenig. Er wünscht sich Leitschienensysteme, die die Lenker geradewegs in den Tunnel führen. Der Klub fordert außerdem den zweiröhrigen Ausbau aller Tunnelanlagen. Finanziert werden sollte dies unter anderem aus den gestiegenen Mehrwertssteuereinnahmen durch die höheren Treibstoffpreise. Auch die Grünen forderten Infrastrukturministerin Forstinger indes zu mehr Engagement auf - allerdings nicht beim Ausbau, sondern bei der Sanierung bestehender Tunnel. Vergangene Woche verloren insgesamt 24 Menschen auf Österreichs Straßen ihr Leben. Acht davon kamen bei Unfällen im Gleinalm- und Ambergtunnel um. (chr, stein/DER STANDARD, Print, 14.8.2001)