"Die nächste Dame darf die Schraube jetzt wieder herausdrehen und ein neues Loch bohren", bittet ein Quester-Mitarbeiter auf dem "Frauenpower-Workshop" die zahlreich anwesenden Damen zur Wand. Die Stimmung unter den Frauen ist ausgelassen. Es wird gefragt und gebohrt, mitunter auch bohrend gefragt. Mit solchen Arbeitskreisen versucht der Baustoffhändler Quester Frauen unter die Arme zu greifen, die es leid sind, wegen jedem Handgriff auf den Professionisten oder auf den eigenen Partner zu warten. "Meiner ist sowieso nie da, und wenn er einmal was macht, dann macht er's falsch oder bricht sich die Finger", erzählt lachend eine der lernwilligen Frauen. Sollte es sich um pure Täuschung handeln, ist die Strategie ihres Mannes, sich dezent der Zusatzarbeit zu entziehen, offensichtlich voll aufgegangen. Auf einem Parcours mit sechs nach Themen gegliederten Stationen können die Damen nach Herzenslust bohren, hämmern und schrauben. Aber Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Nach leichten Startschwierigkeiten beim Einspannen des Bohrers - der Schnellspanner ist auch nicht jederManns Sache - gilt es vorrangig, die massive Ziegelwand nicht zu verletzen. Erst nach der Aufforderung des Fachmannes, "jetzt können's aber schon andrücken", ist das Loch problemlos gebohrt. Leichte Probleme treten dagegen beim Schrauben auf. Wenn der Akkuschrauber auf Linkslauf eingestellt ist, lässt sich auch mit größter Beharrlichkeit keine Schraube versenken. Die männlichen Mitarbeiter erklären die Funktionen mit einer Engelsruhe. Auch Fragen abseits der Thematik wie "was mach' ich, wenn sich ein Laminatboden aufwölbt", bringen sie nicht aus der Geduld. Kurz und bündig die fachmännische Antwort: "Aussehaun." Selbstbau-Möbel Bei einer anderen Station ist neben handwerklichem Geschick auch Kombinationsgabe gefragt, um einen Schreibtisch zusammenzubauen. Höchst interessiert verfolgten die im Halbkreis versammelten Frauen den Arbeitsvorgang. Es entwickelt sich ein lebhafter Diskurs. "Woher weiß ich, wo das Teil hingehört?" "Das sieht man doch an den vorgebohrten Löchern", erwiderte prompt eine offensichtlich mit der Materie betraute Dame. Uneinsichtig hielt Erstere an ihrer Theorie fest. "Man hätte ja auch neue Löcher bohren können." Unschlagbare Selbstbaumöbel-Logik, der sich niemand zu entziehen vermag. "Frauen werden nach wie vor als Exoten gesehen und vom Markt sträflich vernachlässigt", meint Marketingleiterin Gabi Semler-Quester. Umfragen zufolge hätten die Frauen nicht nur bei ästhetischen Fragen, sondern auch bei der Auswahl der Baustoffe ein gewichtiges Wort mitzureden. Generell geht der Trend in Heimwerkermärkten dazu, Hilfe zur Selbsthilfe anzubieten. Baumax beispielsweise bietet bereits seit längerem Kurse zu speziellen Themen an. Gemischtes Publikum deckt dort aber auch die Schwächen vieler Männer schonungslos auf. (Ernst Eichinger, DER STANDARD Print-Ausgebe 14/15.August 2001)