Längst nicht nur auf dem Wiener Küniglberg stehen Neuwahlen der Führung einer öffentlich-rechtlichen TV-Anstalt an. Gerade gab es im tiefschwarzen Bayern beim dortigen Regionalfunk eine Überraschung mit der Kür des liberalen bisherigen BR-Radiochefs Thomas Gruber statt des Stoiber-Wunschkandidaten und BR-Fernsehchefs Gerhard Fuchs. Im November dann wählt das ZDF, im Dezember dann ist wie berichtet der ORF-General dran. Mitsamt den übrigen Direktoren wird sich diese Wahl bis in die ersten Monate 2002 ziehen. Während in Österreich noch nahezu alle relevanten Kräfte auf Tauchstation sind und mit öffentlichen Erklärungen über ihre Favoriten oder deren konkrete Eigenschaften geizen, ist man beim ZDF schon offenherziger: Als Nachfolger des scheidenden ZDF-Intendanten Dieter Stolte wünschen sich die Gewerkschaften eher einen Manager als einen Journalisten. "Für mich sind Managementqualitäten bei der Auswahl wichtiger als journalistische Erfahrung - in einer Zeit, in der es für das ZDF sicher nicht leichter wird", sagte der Vertreter der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di in der Findungskommission, Roland Issen, der Nachrichtenagentur AFP. Nach dem bisherigen Zeitplan soll auf einer Sondersitzung des Fernsehrats im November über Stoltes Nachfolge entschieden werden. Issen sagte dem ZDF-internen Mediendienst "Signal", die Findungskommission suche auch außerhalb des Senders nach geeigneten Kandidaten und sei nicht "fixiert auf Männer". Sie sei "keine Alibiveranstaltung", sondern werde "in eigener Verantwortung" eine Empfehlung für die Besetzung des Spitzenpostens aussprechen. Der neue ZDF-Intendant braucht im Fernsehrat eine 60-Prozent-Mehrheit, über die keines der beiden parteipolitischen Lager in dem Aufsichtsgremium verfügt. Daher haben sowohl das SPD-Lager als auch das CDU/CSU-Lager, die in so genannten "Freundeskreisen" organisiert sind, jeweils vier Vertreter in die Findungskommission entsandt. Wir lernen: Beim ZDF gibt es schon eine offenbar breiter angelegte "Findungskommission" - beim ORF muss mit dem Stiftungsrat erst einmal das wählende Gremium (geplant: bis Oktober) zusammengestellt werden. Aber auch unter den wahrscheinlichen Kandidaten für dieses Gremium gibt es übrigens gewichtige Stimmen für Kandidaten von außerhalb des Unternehmens - oder wie es so schön heißt: "aus der Wirtschaft". Wir sind gespannt. (red/APA)