Frankfurt - Unsicherheit über die US-Konjunktur und über die amerikanische Haltung zum Dollarkurs hat den Euro am Donnerstag erstmals seit fünf Monaten über 0,92 Dollar gehievt. Die Gemeinschaftswährung profitiert nach Angaben von Händlern und Analysten dabei vor allem von einer Schwäche des Dollar, so dass bisher an den Märkten noch nicht von einer Trendwende zu Gunsten des Euro gesprochen wird. "Das ist einzig und allein eine Dollar-Schwäche und zwar auf allen Fronten", sagte Dorothea Huttanus, Analystin bei der DG Bank. Ein Erreichen der Parität zum Dollar im nächsten Jahr wird aber schon vereinzelt wieder für möglich gehalten. Auch der Yen profitierte von der Dollar-Schwäche.
Im Referenzkursverfahren EuroFX wurde der Euro mit 0,9160 Dollar festgesetzt nach 0,9103 Dollar am Mittwoch. Der Dollar kostete damit 2,1352 (2,1486) DM oder 15,0223 S. Zur japanischen Währung wurde der Euro mit 109,48 (109,73) Yen festgelegt. Gegen 13.45 Uhr MESZ kostete der Euro 0,9152/62 Dollar nach einer Schlussnotiz am Vortag in New York von 0,9137/42 Dollar. Zuvor hatte die Gemeinschaftswährung ein Hoch bei 0,9203 Dollar markiert, schwächte sich jedoch wegen Gewinnmitnahmen wieder etwas ab. Die US-Valuta lag bei 119,65/70 Yen nach 119,37/47 Yen am Vorabend in New York.
0,92 Dollar Marke wird wieder getestet
Ein erneutes Überschreiten der 92-Cent-Marke im weiteren Tagesverlauf halten Händler für denkbar. "Der Euro hat sich gut gehalten, wir werden im weiteren Tagesverlauf sicherlich noch einmal die Marke von 0,92 Dollar testen", sagte ein Händler. Es werde in den kommenden ein bis zwei Tagen eine leichte Konsolidierung auf dem erreichten Niveau geben, tendenziell werde der Euro aber weiter steigen. "Wir laufen auf die Parität zu", sagte indes eine Analystin mit Blick auf die langfristige Entwicklung des Euro. Auf dem Weg dahin habe der Euro aber noch einige Hürden zu nehmen, darunter beispielsweise die aus technischer Sicht wichtige Marke von 96 US-Cents.
Der Markt nehme im Moment jedes für den Dollar negative Argument begierig auf, sagten Analysten. Auslöser der Dollar-Schwäche sei die Enttäuschung darüber gewesen, dass sich die US-Wirtschaft doch nicht so schnell wie von einigen erwartet erholt. "Es gab auch Anfang des Jahres schlechte Zahlen aus den USA, die dem Dollar nicht geschadet haben, aber damals vertraute jeder noch in die Stärke der US-Wirtschaft und in den US-Notenbank-Chef Alan Greenspan", sagte Huttanus. "Der Dollar ist im Moment wie ein angeschlagener Boxer und wird daher von Unsicherheiten besonders belastet."
Konjunkturbericht der Fed löst Krise aus
Auslöser der gegenwärtigen Dollar-Schwäche sei der Konjunkturbericht der US-Notenbank Fed (Beige Book) aus der vorigen Woche, sagten Händler. Im Beige Book hatte die Fed erklärt, dass die Schwäche der US-Industrie inzwischen auch auf andere Wirtschaftssektoren übergreife.
Zusätzlich belastet den Dollar die Unsicherheit über die weitere währungspolitische Haltung der US-Regierung. Seit US-Präsident George Bush Ende Juli gesagt hatte, der starke Dollar habe auch Nachteile für die US-Wirtschaft, und die Finanzmärkte sollten den Kurs der Währung bestimmen, halten sich im Markt Zweifel an der Fortsetzung der Politik des starken Dollars. Das US-Finanzministerium und auch das US-Präsidialamt haben seitdem mehrfach bekräftigt, die Währungspolitik unverändert zu lassen. Der Markt traue diesen Beteuerungen aber nicht, sagten Händler. Eine offene Abkehr von der Politik des starken Dollar sei allerdings nicht möglich. "Das würde einen Absturz von 20 bis 30 Prozent auf den Märkten, auch den Aktienmärkten, verursachen, daher muss das Finanzministerium sehr vorsichtig taktieren", sagte Huttanus.
Auch Yen profitiert
Wie der Euro zog auch der Yen etwas an. Aufkommende Spekulationen über eine mögliche Intervention der japanischen Zentralbank zu Gunsten des Dollar drückten die japanische Währung etwas. Der Vize-Finanzminister für internationale Angelegenheiten, Haruhiko Kuroda, hatte die Kursgewinne des Yen als unangemessen bezeichnet und erklärt, Japan sei zu angemessenen Schritten bereit.
Eine Intervention halten Analysten für möglich, sollte der Yen weiter zum Dollar steigen. "Die japanische Regierung ist eindeutig nicht glücklich mit dem Kursanstieg des Yen und falls der Dollar viel weiter fällt, wird sie handeln", sagte Ron Leven, Devisenstratege bei Lehman Brothers. Gegen 13.45 Uhr MESZ notierte der Dollar bei 119,65/70 Yen, der Euro lag bei 109,69/74 Yen. (APA/Reuters)