Der Bremer Hochschullehrer und Väterforscher Gerhard Amendt betreibt seit Jahren wortreich Mama-Bashing und antifeministische Agitation. DER STANDARD bietet ihm dafür nun auch in Österreich eine Plattform. ("Ein Zeichen aggressiver Desinteressiertheit", im ALBUM, 11. 8. 2001) Das kann höchstens als Ausdruck einer hoffentlich ernst gemeinten Verpflichtung zur breiten Berichterstattung entschuldigt werden. Diffamierend Es ist schlichtweg diffamierend, Pädophilie und die Elternschaft von Homosexuellen argumentativ miteinander in Verbindung zu setzen. Genauso diffamierend ist die Konstruktion lesbischer Frauen als aggressive, kastrierende Samenräuberinnen, die nichts weiter im Sinne hätten als ihre (vom Autor in seinem Artikel, wie er angibt, zur Verschärfung bewusst fantasierten) Söhne durch falsche Behandlung und Missachtung ihrer heranwachsenden Penisse psychisch zu schädigen. Das sind in Psychosprache übersetzte Männerfantasien überlasteter Pathologen. Und es ist purer Biologismus, der noch dazu Buben, Männer und ihre Psyche auf ihr primäres Geschlechtsteil reduziert. Mit dieser Argumentation ließe sich auch ein Berufsverbot von Schwulen oder Lesben in pädagogischen Berufen (wegen mangelnder Einfühlung, unbewusster Verachtung des jeweils anderen Geschlechtes) einfordern. Schreckensbild Diese heterosexuell anorgasmischen Lesben mit ihrer "vagina dentata" sind offensichtlich ein Schreckensbild eines in den 70er-Jahren möglicherweise von damaligen Feministinnen aus dem Raum einer Frauenveranstaltung gewiesenen Mannes. Lesbische Frauen werden von Amendt als krank und psychisch gestört dargestellt. Homosexualität ist für ihn keine normale, mögliche Variante psychosexueller Ausrichtung, nein, am Beispiel lesbischer Frauen stellt er klar: Lesbisch oder schwul zu sein, das heißt Ekel vor dem anderen Geschlecht zu haben, Widerwillen, keinerlei Empathie und angstgetriebene Ablehnung des Männlichen. Seit vielen Jahren gibt es genügend Ergebnisse psychologischer und psychotherapeutischer Forschung, die sich mit der psychosexuellen Entwicklung von Lesben und Schwulen beschäftigen und ohne solche heftigen Pathologisierungen auskommen. Angstvisionen Neben lesbischen oder schwulen Personen oder Paaren mit auftauchendem Kinderwunsch gibt es homosexuell lebende Väter und Mütter, die zahlreiche Buben und Mädchen großziehen, die aus vorherigen heterosexuellen Beziehungen stammen. Diese "Familien" sind weniger plakativ, ganz real und zahlenmäßig weitaus bedeutender als die Angstvisionen von Hunderttausenden lesbischen Frauen, die sich künstlich befruchten lassen. Leider tragen Wissenschafter in unserer Expertokratie immer wieder zur generellen Verunglimpfung allein erziehender Mütter bei. Ihren Kindern wird lauthals ein schlechtes Schicksal bis hin zur Psychose, Drogensucht und Kriminalität vorhergesagt, anstatt auf diese wissenschaftlich zweifelhafte Prognostik zu verzichten. Der erhobene professorale Zeigefinger, der angeblich das "Kindeswohl" im Auge hat, trägt so selbst zur Ausgrenzung und zum Stress von Müttern und Kindern in Rumpffamilien und anderen Lebensformen bei. Dies als Beitrag zum Kindeswohl in unserer Gesellschaft hinzustellen ist ein starkes Stück. Schüren von Hass Amendt fordert, dass Homosexuelle akzeptieren sollen, einen "hohen und leidvollen Preis" für ihre Homosexualität zu zahlen. Er ist damit nicht weit davon entfernt, auch gutzuheißen, dass der Preis für eine andere Lebensweise der Opferstatus, Diskriminierung und Ausgrenzung ist. Nicht nur einmal ist in der Geschichte eine liberale Gesellschaft rasch in Gewalt und Totalitarismus gekippt. WissenschafterInnen haben das ihre dazu beigetragen. Dieses sprachliche Schüren von Vorurteilen und Hassdiskursen, wie es hier Amendt mit lesbischen Frauen macht, noch dazu verbrämt vom universitären Mäntelchen, kann ich nicht akzeptieren. * Die Autorin ist Psychologin in Wien. Ihr Beitrag steht für zahlreiche empörte Reaktionen auf die Argumentation Amendts. (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 17.8.2001)