Berlin - Nach Ansicht des Dramatikers Rolf Hochhuth ("Der Stellvertreter") sind die Archive des Vatikans leer, "sofern man erforschen will, ob Pius XII. jemals seinen Konkordatspartner Adolf Hitler auf Juden angesprochen hat". Das hätten seine eigenen Recherchen zu seinem Stück "Der Stellvertreter" ergeben, sagte der Autor in einem Gespräch zu der jetzigen Weigerung des Vatikans, einer katholisch-jüdischen Historiker-Kommission zur Rolle von Papst Pius XII. in der NS-Zeit weitere Akten zur Verfügung zu stellen. Hochhuth erinnerte an seine umfangreichen Nachforschungen im Jahr 1959 in Rom, wo er den "Stellvertreter" schrieb. "Natürlich musste ich mich vergewissern, ob etwa ein Brief existiert, den Pius oder auch nur sein Berliner Nuntius anlässlich des Holocaust an die deutsche Reichsregierung oder an einen Prominenten persönlich gerichtet hat", betonte der Schriftsteller. "Es gibt keine Zeile im Archiv des Vatikans, nicht einmal das Protokoll eines Gesprächs, das etwa ein Kardinal mit einem der zwei deutschen Botschafter beim Heiligen Stuhl während des Krieges über die Juden geführt hat." Das habe ihm ein hoher Würdenträger des päpstlichen Staatssekretariats, also das Außenministerium der Kurie, versichert, "ein Kenner aller Akten und Korrespondenzen, soweit sie Deutschland in der Nazi-Zeit betreffen". Würden solche Belege im Vatikan tatsächlich existieren, hätte sie der Vatikan längst "mit Erleichterung zur 'Widerlegung' meines Stücks veröffentlicht, das seit fast 40 Jahren in 28 Sprachen gedruckt ist", meint der Dramatiker, der Pius als einen "radikalen Antisemiten" bezeichnet. "Das konnte ich zum Glück für mein Drama Ende der 50er Jahre noch keineswegs wissen. So konnte ich dem Papst im Stück noch einen Gewissenskonflikt unterstellen, den es in Wahrheit nie gegeben hat." Der bisher letzte Biograf von Pius XII., der britische Katholik und Historiker John Cornwall, habe sein Buch in der Hoffnung begonnen, Pius vom Vorwurf, geschwiegen zu haben, "reinigen" zu können. Er habe das Buch schließlich doch "Hitlers Pope" (Hitlers Papst) genannt, in der deutschen Übersetzung des C.H. Beck Verlag (München) trage es den Untertitel "Der Papst, der geschwiegen hat". Zu den jetzigen Bemühungen des deutschen Jesuitenpaters Peter Gumpel zur Seligsprechung von Pius XII. meinte Hochhuth: "Könnte er nicht seine offenbar bremsenlose Motorik der Seligsprechung eines anständigen Menschen zuwenden: jenem Johannes XXIII., der - laut Hannah Arendt in ihrem Nekrolog auf diesen Papst - auf die Frage, was man gegen meinen 'Stellvertreter' tun könne, geantwortet hat: 'Nichts - gegen die Wahrheit kann man nichts tun'." (APA)