Islamabad - Die drei westliche Diplomaten aus Deutschland, Australien und den USA, die sich in Afghanistan eine Woche lang vergeblich um einen Besuch bei inhaftierten ausländischen Mitarbeitern einer Hilfsorganisation bemüht hatten, haben am Dienstag die Hauptstadt Kabul mit dem Flugzeug verlassen. Zuvor hatte die Taliban-Regierung erneut die Verlängerung ihrer Visa abgelehnt. Die einwöchigen Aufenthaltsgenehmigungen für die Botschaftsvertreter Deutschlands, Australiens und der USA liefen am Dienstag aus. "Wir sind enttäuscht, dass wir die Häftlinge nicht sehen konnten", sagte der australische Konsul Alistair Adams. Hauptziel der Reise sei gewesen, sich vom Wohlbefinden der Gefangenen zu überzeugen. Wenn auch die letzten Gespräche scheiterten, würden sie das Land am Dienstag verlassen. Verstoß gegen Völkerrecht Die westlichen Staaten werfen der regierenden Taliban eine Verletzung international anerkannter Regeln vor. Das Völkerrecht verlangt, dass Konsularbeamte inhaftierte Landsleute aufsuchen und für ihre rechtliche Vertretung sorgen dürfen. Die Diplomaten setzen sich seit vergangenem Dienstag in Kabul für die Freilassung von acht Mitarbeitern der deutschen Hilfsorganisation Shelter Now International (SNI) ein. Die Taliban halten seit Anfang August vier Deutsche, zwei US-Bürger und zwei Australier fest. Sie werfen ihnen vor, für das Christentum missioniert zu haben. Den Diplomaten verweigerten sie jeden Kontakt zu den Häftlingen. Rotes Kreuz darf eventuell Gefangene besuchen Das Taliban-Regime in Afghanistan will möglicherweise Rotkreuz-Vertretern den Besuch bei den festgenommenen ausländischen Helfern erlauben. Das deutete am Dienstag der afghanische Außenminister Wakil Ahmad Mutawakil an. Die in Pakistan ansässige afghanische Nachrichtenagentur AIP zitierte ihn mit den Worten: "Wir überlegen das." "Jedes Land hat das Recht auf Durchsetzung seiner Gesetze" Die afghanische Taliban-Miliz hat Kritik der Vereinten Nationen an der Inhaftierung ausländischer Mitarbeiter der Hilfsorganisation "Shelter Now" scharf zurückgewiesen. Kabul bedauere die "überraschende und doppelbödige" Haltung von UNO-Generalsekretär Kofi Annan in dieser Frage, erklärte am Dienstag das "Außenministerium" der international nicht anerkannten Taliban-Regierung. Jedes Land habe das Recht, für die Einhaltung seiner Gesetze zu sorgen. Sollten die Ermittlungen ergeben, dass die inhaftierten acht ausländischen und 16 einheimischen Mitarbeiter von "Shelter Now" auf eigene Faust gehandelt hätten, dann würden sie "ihre angemessene Strafe" erhalten, hieß es in der Erklärung ohne nähere Erläuterung weiter. Zuvor hatten die Taliban dem Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen vorgeworfen, die Hilfsorganisation finanziell unterstützt zu haben. (APA)