Salzburg - Um die Inbetriebnahme des südböhmischen Kernkraftwerkes Temelín doch noch zu verhindern, haben die österreichischen Atomkraftgegner eine wahre Klagsflut eingeleitet. Nach dem Land Oberösterreich, das schon im Juli eine Unterlassungsklage gegen den Betreiberkonzern CEZ beschlossen hat, ziehen jetzt auch die Anti-Atom-Plattformen vor Gericht. Mit finanzieller Unterstützung des Landes Salzburg wird der Salzburger Anwalt Helmut Hüttinger im September eine Unterlassungsklage gegen CEZ und den Zulieferkonzern Westinghouse wegen "orts-unüblicher radioaktiver Immissionen" einbringen. Als zweite Klage ist eine Feststellungsklage für den Schadensfall geplant, welche für die beiden Konzerne eine Haftung in unbeschränkter Höhe festlegen soll. Atomhaftungsgesetzes Hüttinger - er ist auch Klubobmann der Bürgerliste im Salzburger Gemeinderat - ist zuversichtlich, dass sich das Landesgericht Linz auf Basis des österreichischen Atomhaftungsgesetzes für zuständig erklärt. Gelingt die Durchsetzung des Klagsanspruches vor einem österreichischen Gericht, könnte nach Einschätzung von Christian Wolf von der Uni Hannover für die beiden Konzerne "eine sehr unangenehme Situation" entstehen. bilaterale Vollstreckungsübereinkommen Der Spezialist für internationale Rechtsfragen verweist auf bilaterale Vollstreckungsübereinkommen. Laut Wolf könnte ein Unterlassungsurteil gegen Westinghouse überall dort vollstreckt werden, wo der Konzern Eigentum habe. CEZ wiederum müßte befürchten, dass Forderungen gegenüber Dritten gepfändet werden. Wird einem Unterlassungsbeschluss nicht entsprochen, können Beugestrafen von bis zu 100.000 Euro (knapp 1,4 Millionen Schilling) pro Tag verhängt werden. Indes geht der Streit zwischen den Regierungsparteien in der Causa Temelín weiter. Nachdem sich Regierungsbeauftragter Erhard Busek (VP) gegen Vetodrohungen in Sachen EU-Beitritt Tschechiens ausgesprochen hatte, warf ihm FP-Generalsekretärin Theresia Zierler "Vernachlässigung der österreichischen Interessen" vor. (neu/DER STANDARD, Print, 21.8.2001)