Bregenz - Im Vorarlberger Unterland wissen immer mehr Menschen von schmerzhaften Folgen von Insektenstichen zu berichten: "Die Mücken sind heuer besonders aggressiv" oder "Die Folgen sind schlimmer als in früheren Jahren. Das muss mit der Umweltverschmutzung zu tun haben." Solche Aussagen können Experten nur zum Teil bestätigen. Menschen reagieren sensibler auf Stiche als vor Jahren Unbestritten ist lediglich, dass die Menschen wesentlich sensibler auf Bisse und Stiche reagieren als noch vor einigen Jahren. "Ich hatte allein am Sonntag vier schwerere Fälle, drei davon betrafen Kinder", erklärt Dr. Werner Kots. "Die Fälle sind dieses Jahr auffallend schwerwiegender, von starken Rötungen angefangen bis zu starken und sehr schmerzhaften Schwellungen." So könne es auch durchaus vorkommen, dass Erwachsene all die Jahre keine gravierenden Probleme bei Insektenstichen hatten, um dann von einem Jahr zum nächsten mit lokalen Überreaktionen konfrontiert zu sein: "Die Sensibilisierung des menschlichen Organismus nimmt zu", bestätigte Kots. Der beste Schutz ist Kleidung Der Bregenzer Apotheker Helmut Grimm berichtete, dass dieses Jahr mehr Kunden kämen, die nach einer Salbe oder anderen Mitteln verlangen - weil sie schon gestochen worden sind. "Man beobachtet ja selbst, dass es heuer mehr Mücken hat als sonst." Was hilft wirklich? "Mücken lassen sich auf bestimmte Stellen lieber nieder als auf andere, zum Beispiel Knöchel oder hinter den Ohren", erklärte Grimm, "das Wichtigste ist deshalb ein mechanischer Schutz, also durch Kleidung." Chemie sollte erst als Zweites eingesetzt werden. Dabei sei zu beachten, riet der Apotheker, "dass nur bestimmte Mittel zur Vorbeugung auch für Kinder unter sechs Jahren geeignet sind." Erwachsene müssten durch Selbsttest herausfinden, welches Mittel bei ihnen am besten hilft: "Der Wirkstoff ist in praktisch allen Mitteln der selbe, es kommt aber auch auf das ,Beiwerk' an." Insektenstiche meist ungefährlich Ein Trost: Für die meisten Menschen ist ein Insektenstich ungefährlich. Besondere Vorsicht ist allerdings angebracht, wenn es bereits einmal gesundheitliche Probleme nach einem Wespenstich gegeben hat. Betroffene sollten dann auf jeden Fall ein Notfallset mitführen, raten die Ärzte. Tiere reagieren je nach Witterung anders Aus vielen Kundengesprächen kennt auch Helmut Grimm die Ansicht, dass es Jahre gebe, in denen Mücken und andere Insekten "giftiger" seien als sonst. "Doch das lässt sich schwer verifizieren", sagte der Apotheker. "Bei Wespen ist es so, dass sie je nach Jahreszeit und Witterung verschiedene Phasen haben", erklärte dazu der Insektenkundler Beat Grabher von der Vorarlberger Naturschau in Dornbirn: "Im Frühjahr besteht ihre Nahrung etwa hauptsächlich aus Aas, später ernähren sie sich von Früchten. Bekannt ist, dass sie im Herbst aggressiver werden, weil sie spüren, dass es zu Ende geht, wenn es kälter wird." Gift der Mücken ist stärker geworden Komplizierter sei die Sache bei den Mücken, so Grabher: "Wir haben in Mitteleuropa 25 verschiedene Arten, diese haben wiederum unterschiedliche Speichelsekrete. Dass das Gift der Mücken durch Umwelteinflüsse in den letzten Jahren stärker geworden wäre, kann nicht untermauert werden." Es spreche auch Einiges dagegen: "Die Mücken verbringen nur einen kurzen Teil ihres Lebens außerhalb des Wassers, das Wasser selbst ist zumindest bei uns normalerweise von sehr guter Qualität." Bienen und Wespenstiche können gefährlich sein Sind nach Mückenstichen keine ernsthaften oder gar lebensbedrohenden Reaktionen bekannt, ist dies bei Bienen, Wespen und Hornissen ganz anders. "Das kann bis zum Kollaps oder Tod führen", so der Arzt Guntram Summer. Es ist schnelle Hilfe erforderlich, "denn die Reaktionen treten innerhalb der ersten halben Stunde auf." Mögliche Symptome können unter anderem Erbrechen, Kopfweh, blaue Lippen und Atemnot sein. Summer: "Bei Wespenstichen ist zu erwarten, dass ein Betroffener das nächste Mal noch stärker reagiert als beim ersten Mal." Dagegen helfen "spezielle Notfallsets mit einer fixfertigen Spritze, die man bei sich führen sollte". Der Grad einer Allergie lasse sich zwei Monate nach einem Wespenstich durch einen Bluttest bestimmen. Ein Problem ist, bestätigten die Mediziner, dass die Leute oft gar nicht wissen, was sie eigentlich gestochen oder gebissen hat. Werner Kots: "Vom medizinischen Bild lässt sich das im Nachhinein auch nicht eindeutig feststellen." Ausnahme: Wenn der Stachel der Biene noch im Fleisch steckt. Hier widersprach Kots übrigens heftig dem Rat des Roten Kreuzes, den Bienenstachel einfach mit einer Pinzette herauszuziehen und die Einstichstelle mit kalten Umschlägen zu versorgen: "Dabei bleibt das Giftsäckchen meist noch im Körper und führt erst recht zu Reaktionen. Man sollte den Giftstachel besser mit einem Finger wegschnippen. Das funktioniert." (APA)