Als Datenschützer muss man unserer Außenministerin eigentlich dankbar sein. Ihrem naiven Verhalten im Zusammenhang mit der Inhaftierung der VolxTheater-Gruppe ist es zu verdanken, dass der heimische Umgang mit personenbezogenen Daten erstmals öffentlich thematisiert wird. Bislang hatte es nämlich kaum jemanden gestört, dass der Kriminalpolizeiliche Aktenindex (KPA) des Innenministeriums unzählige unbescholtene Bürger als potenzielle Rechtsbrecher ausweist. Wird in Österreich eine Person wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung angezeigt, wird dieser Vorwurf sofort von den Sicherheitsbehörden gespeichert. Damit gilt der Betroffene als vorgemerkt. Unterbleibt in weiterer Folge eine Anzeige an die Staatsanwaltschaft, müssen die Daten gesperrt werden. Wird der Beschuldigte aber erst in einem Gerichtsverfahren freigesprochen, die Anzeige von der Staatsanwaltschaft zurückgelegt oder das Verfahren eingestellt, bleibt die Vormerkung weiterhin gespeichert. Die Tatsache, dass das Strafverfahren mit Freispruch endete, wird hingegen nicht in die Daten aufgenommen. Somit ist für die Sicherheitsbehörden, die Zugriff zum KPA haben, nur ersichtlich, dass gegen den Betroffenen weiterhin ein Strafverfahren anhängig ist. Da diese Information wesentlichen Einfluss auf allfällige weitere Vorwürfe und Verfahren haben kann, wird so die Unschuldsvermutung permanent verletzt. Dieser Praxis hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) im März dieses Jahres ein Ende bereitet. Ein völlig unbescholtener Mandant unserer Kanzlei, dessen KPA-Auszug sechs Vormerkungen aufwies, verlangte die Richtigstellung und Löschung seiner Daten. Das Höchstgericht stellte klar, dass die Speicherung personenbezogener Daten nur zulässig ist, wenn es sich als unbedingt notwendig erweist, um strafbare Handlungen zu verhindern. Dass dies nach einem Freispruch nicht mehr der Fall sein kann, war für den VfGH evident. Die Behörden trifft daher in jedem Fall eine Pflicht, die Daten amtswegig richtig zu stellen. Darüber hinaus darf eine Löschung dieser Daten nur dann verweigert werden, wenn ein besonderes Interesse an der weiteren Speicherung der Daten nachgewiesen werden kann. Bemerkenswert ist, dass, obwohl dieses Erkenntnis vom 16. März 2001 stammt, noch im August unrichtige und unvollständige Daten an die italienische Justiz weitergegeben wurden. Es drängt sich die Frage auf, wie lange es dauert, bis Höchstgerichtsentscheidungen bis zum Innenminister durchsickern. Noch erstaunlicher aber ist, dass man in der Herrengasse verlautbart, ohne Gesetzesänderung nicht mehr in der Lage zu sein, die Daten richtig zu stellen, da die Polizei gar nicht erfahre, ob eine Anzeige zurückgelegt wurde. Das bedeutet nichts anderes, als dass die Jäger und Sammler des KPA in den letzten Jahren zwar fleißig Daten gespeichert haben, nun aber die Einhaltung der Grundrechte nicht mehr gewährleisten können. (Von Thomas Prader und Daniel Ennöckl, die Autoren sind Rechtsanwalt bzw. Rechtsanwaltsanwärter der Kanzlei Prader & Plaz in Wien.) (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 22.8.2001)