Berlin/Hamburg - Über eine mögliche Aufweichung der Sparvorgaben im EU-Stabilitätspakt wird trotz aller Dementis weiter heftig diskutiert. Der Wirtschaftsweise Bert Rürup unterstützte in der Wochenzeitung "Die Zeit" (Donnerstag) angebliche Überlegungen der europäischen Finanzminister, das Defizit-Kriterium nicht mehr so streng zu definieren. Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Klaus Zimmermann, sprach sich im Wirtschaftsmagazin "Focus-Money" dafür aus, den Stabilitätspakt flexibler zu handhaben. Dadurch könne die europäische Konjunktur gestärkt werden. Zimmermann warnte davor, "jetzt durch abrupte Sparmaßnahmen den Abschwung zu verstärken, insbesondere, wenn dies auf Kosten der Investitionen geht". Dies hätte fatale Folgen für den weiteren Verlauf der Konjunktur und den Arbeitsmarkt. Defizit eher zwei Prozent Es sei schon jetzt sicher, dass Deutschland das für dieses Jahr 2001 angestrebte Defizit von 1,5 Prozent nicht erreichen werde. "Es werden wohl eher 2,0 Prozent", sagte Zimmermann. Eine derartige Überschreitung des Stabilitätsziels sei allerdings unproblematisch. "Entscheidend ist, dass wir mittelfristig unseren Stabilitätspfad wieder erreichen, der Staat also weniger ausgibt, wenn die Konjunktur wieder anzieht". Eine Neuformulierung des Stabilitätspaktes sei nicht notwendig. Auch der luxemburgische Finanzminister und Regierungschef Jean- Claude Juncker sagte der "Börsen-Zeitung" (Mittwoch), es müsse möglich sein, "in einigen Staaten auf Grund des Steuerrückgangs vorübergehend minimale Abweichungen von den Stabilitätszielen zuzulassen". Dies bedeute aber keine Abkehr vom mittelfristigen Konsolidierungskurs, betonte er. Defizit-Vorgaben sind "heilsame Zwangsjacke" Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Banken, Manfred Weber, sagte im DeutschlandRadio Berlin, das Verfehlen der Defizitquote werde keine großen Konsequenzen haben. Andere Teilnehmerstaaten der Währungsunion, wie Frankreich, Italien und Portugal, hätten ebenfalls Schwierigkeiten bei der Einhaltung der Ziele. Die Defizit-Vorgaben seien aber eine "heilsame Zwangsjacke" für Finanzminister Hans Eichel (SPD), da in der Vergangenheit in Deutschland zu viele Schulden angehäuft worden seien. Der Stabilitätspakt war 1997 auf Initiative des damaligen Finanzministers Theo Waigel (CSU) verabschiedet worden. Er sieht vor, mittelfristig ausgeglichene Haushalte oder Überschüsse zu erreichen, um die Stabilität des Euro abzusichern. Die Länder der Euro-Zone müssen unter anderem jährlich Defizitziele melden. Zuletzt hatten Deutschland, Frankreich und die EU-Kommission bekräftigt, dass am Stabilitätspakt festgehalten werde. (APA/dpa)