Wien - Keine Haltungsänderung in Sachen Paragraf 209 zeigt Bundeskanzler Wolfgang Schüssel. In einem "News"-Interview betonte der VP-Chef, er sei nicht bereit, den Kinder- und Jugendlichenschutz "am Altar des Zeitgeists zu opfern". Der Forderung nach einer Herabsetzung des Schutzalters für homosexuelle Burschen (18 Jahre) auf 14 Jahre wie bei den Mädchen lehnt er damit indirekt ab.
Diskussionsbereit zeigt sich Schüssel aber zum Vorschlag, die Altersschutzgrenze auf höherem Niveau zu vereinheitlichen: "Ich bin jederzeit offen für eine Diskussion zur Verbesserung des Kinder- und Jugendschutzes für Mädchen". Zur vom steirischen ÖVP-Landesrat Gerhard Hirschmann forcierten Homosexuellen-Ehe hat der Kanzler nur wenige Worte übrig: "Das ist seine private Meinung".
Grüne empört
Die Grünen reagierten auf die Aussagen Schüssels empört: "Herr Schüssel, herzlich willkommen im Zeitalter der Intoleranz", höhnte die Abgeordnet Ulrike Lunacek in einer Aussendung. Beim Paragraf 209 gehe es nicht um den Schutz von Jugendlichen, wie der Kanzler "fälschlich" unterstelle, sondern darum, freiwillige Liebesbeziehungen mit Jugendlichen zu entkriminalisieren.
Jarolim: "Gedankengut, das an die Inquisition erinnert"
Als "erbarmungswürdig und in höchstem Ausmaß ignorant" kritisierte SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim am Mittwoch die im "News" geäußerte Haltung von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) zum Paragrafen 209. Schüssel huldige einem Gedankengut, das an die Inquisition erinnere, meinte er in einer Aussendung.
Der VP-Chef sei offenbar einer "extrem konservativen und jede wissenschaftliche Erkenntnis ignorierenden Lobby verfallen", meinte Jarolim. Selbst Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer (F) vertrete in der Frage des Homosexuellen-Paragrafen eine wissenschaftsnähere Haltung und lasse Schüssel daneben "noch älter" aussehen. (APA)