Bühne
Richtungsstreit zwischen Tradition und Moderne
Mortier: "Ein langes Abendkleid oder ein gutes Essen" können nicht alles sein
Salzburg - Einen Richtungsstreit zwischen Traditionellem und der Moderne bei den
Salzburger Festspiele sieht der scheidende künstlerische Intendant Gerard Mortier. Es
gebe zwei Positionen, die sich jetzt bemerkbar machten, erklärte Mortier am
Donnerstag, bei einer äußerst gut besuchten Diskussion im Kleinen Festspielhaus.
Festspiele müssten mehr beinhalten als "ein langes Abendkleid oder ein gutes
Essen", betonte Mortier. Der Intendant vertrat erneut die Ansicht, dass Festspiele zu
einem Dialog führen sollten. Die Jugend für Kunst interessieren
Ein Festival "darf nicht zu einer Insel verkommen, wo Champagner getrunken wird und
die Gäste sich selbst feiern", so Mortier. Festspiele sollten zu einer Diskussion führen
und was "nicht sein kann, ist, dass an erster Stelle der Tourismus steht. Trotz meiner
fürchterlichen Inszenierungen können sie in Salzburg kaum ein Hotel finden", sagte
der Intendant. Sein Ziel sei es immer gewesen, die Jugend dazu zu bewegen, dass
sie sich für Kunst interessiert.
In seinem Vortrag beschäftigte sich Mortier mit der Entwicklung der Festspiele
generell, mit Kunst, Mythos und der Mythologie. Mythos sei die Umsetzung von inneren
Bedürfnissen "mit Schreckgespenstern und schönen Sachen", die Mythologie sei
"sehr schwer umzusetzen, da sie zu jeder Zeit anders gesehen wird." "Kunst ist ein
Ausdruck von existenziellen Fragen und ein Kunstwerk Ausdruck einer nicht erfüllten
Sehnsucht", meinte der Intendant.
Die viel kritisierte "Fledermaus", bei der nicht alles gelungen sei, sollte "kein Schlag
ins Gesicht sein", sondern wäre als Provokation gedacht. Die Operette sei die Antwort
auf das politische System und man habe versucht, die neue bürgerliche Gesellschaft
zu skizzieren, meinte der Intendant sinngemäß, der kritisierte, das die
"Lebegesellschaft" oft verharmlost werde. (APA)