Vielleicht wäre das alles nicht passiert, hätte Norwegens Kronprinz Haakon Magnus nicht so eine pragmatische Einstellung zu seiner Position: "Wir haben alle einen Beruf, ich bin von neun Uhr früh bis 17 Uhr Prinz", hat er einmal gesagt. Da bleibt Freizeit genug, und in dieser ist der Prinz auch durchwegs im Volk zu finden – wie eben vor zwei Jahren bei einem HipHop-Festival, wo der damals 26-Jährige die gleichaltrige Mette-Marit kennen lernte.

Kaum anzunehmen, dass die Blonde vom HipHop entschwand und einen gläsernen Schuh hinterließ, dennoch: Als bekannt wurde, dass der Prinz sie heiraten will, hatten das norwegische Volk und die Presse ihr "Aschenputtel von Kristiansand".

Kristiansand ist die Hafen-stadt in Südnorwegen, dort wurde Mette-Marit Tjessem-Høiby am 19. August 1973 als jüngstes von vier Kindern geboren. Die Mutter war Hausfrau, der Vater arbeitslos, seit 20 Jahren ist das Paar geschieden. Durchaus nichts Außergewöhnliches, wie norwegische Soziologen feststellen.

Auch Mette-Marit wuchs relativ normal auf und machte ihre Matura. Das daraufhin begonnene Anthropologiestu-dium brach sie aber bald ab und verdingte sich in Boutiquen oder als Kellnerin. Sogar Erdbeerpflückerin soll sie gewesen sein, berichtet die Bou-levardpresse in ihrem Aschen-puttel-Überschwang.

Reporter anderer Blätter, die ihren Aufstieg zur Prinzessin gar nicht schätzen, wollen sogar von einem Pornofilm mit ihr als Darstellerin wissen. Aber das glaubt kaum jemand.

Sicher, weil jüngst bei einer Pressekonferenz von ihr eingestanden, ist ihre Drogenvergangenheit. Seit den frühen 90er-Jahren galt sie als schillernde Figur in der Techno-Szene Oslos, welche der Drogen sie selbst genommen hat, bleibt ungenannt, aber der Vater ihres Kindes ist wegen Rauschgifthandels (ebenso wie wegen Gewalttätigkeiten) rechtskräftig verurteilt.

Somit ist Mette-Marit allein erziehende Mutter des jetzt vierjährigen Marius. Dies, die Drogenvergangenheit und die Tatsache, dass sie bald nach dem Kennenlernen mit dem Kronprinzen in eine Mittelstandswohnung in Oslo eingezogen ist, brachte die Königstreuen (ohnehin nur noch statistische 65 Prozent) in Rage. Aber nun, nach einer vom Königshaus geschickt gestalteten Informationskampagne hat alles seine Ordnung. Heute, Samstag, wird geheiratet, und der Großteil der Bevölkerung findet, dass das neue Aschenputtel durchaus schon das richtige Format für eine Prinzessin hat. Unterstützt wurde diese positive Entwicklung auch von ihrer nunmehrigen Schwiegermutter: Königin Sonja war ja vorher Schneiderin – sie musste in den Sechzigerjahren in "stiller Verbindung" mit König Harald V. neun Jahre lang warten, bis das Königshaus sie akzeptierte. (DER STANDARD, Print, 25./26.8.2001)