Alpbach - "Mit gesetzlichen Rahmenbedingungen wie in Österreich, wo die friedliche Nutzung der Kernenergie per Verfassungsgesetz verboten ist, desavouiert man die Wissenschaft und nimmt jedes Vertrauen." Und für die Gen- und Biotechnologie erwartet Peter Skalizky, Rektor der Technischen Universität Wien, eine ähnliche Entwicklung. Der Physiker ging Freitagabend bei den Alpbacher Technologiegesprächen hart ins Gericht mit dem Universitäts- und Forschungsstandort Österreich. Dabei sei die Stimmung für Wissenschaft in der Bevölkerung entscheidend für die Attraktivität eines Standorts. Skalicky meinte, dass deshalb vor allem die Politik aufgefordert sei, durch die Rahmenbedingung den Standort attraktiv zu gestalten. Es mache einen großen Unterschied, ob man etwas per Verfassungsgesetzt verbietet, oder sich nur entschließt, es nicht zu nutzen. Bei der Gestaltung der Forschungsförderung selbst könne man gar nicht so viel ändern, diese sei in allen Ländern im Grunde sehr ähnlich, so Skalicky bei einer prominent besetzten Diskussion zum Thema "Universitäts- und Forschungsstandort Europa - Anforderungen der Spitzenforschung an den Standort". Vermittlung Der Physik-Professor an der Harvard University, Gerald Gabrielse, unterstützte die Ansicht Skalickys, dass Wissenschaft nur dann floriere, wenn sie von der Gesellschaft akzeptiert werde. Die Forscher seien aber oft Opfer ihrer Arroganz und hätten das Problem, dass sie die Bevölkerung nicht für ihre Arbeit begeistern könnten. Und der niederländische Physik-Nobelpreisträger Gerard t'Hooft sieht eine Verpflichtung der Wissenschafter, die Öffentlichkeit ganz klar über ihre Arbeit zu informieren. Freiheit der Forschung Für die an der Diskussion teilnehmenden internationalen Top-Wissenschaftern ist die Freiheit der Forscher einer der wichtigsten Faktoren. Der französische Chemie-Nobelpreisträger Jean-Marie Lehn ging sogar so weit, zu sagen, dass "Technologie die Wissenschaft behindert". Vieles wäre nicht entwickelt worden, hätte es nicht die Freiheit der Forschung ohne Zweckrichtung gegeben. "Nur mit Technologie hätten wir Kerzen, aber keinen Strom." "Wir sind nicht klug genug zu entscheiden, welche Forschung gefördert werden soll und welche nicht", plädierte auch Gabrielse für die Freiheit der Forschung. Ausbildung Die Industrievertreter hatten naturgemäß eine andere Sicht: Jürgen Knorr, ehemaliger Siemens-Vizepräsident, etwa meinte, dass man es sich nicht leisten könne, die guten Leute nur in der Grundlagenforschung arbeiten zu lassen. Sie sollten sich auch an den industriellen und gesellschaftlichen Bedürfnissen orientieren. Nobelpreisträger t'Hooft brachte schließlich einen weiteren Standortfaktor ins Spiel: "Was wir für die Wissenschaft brauchen, ist gute Ausbildung, und die muss schon in der Volksschule beginnen." Allerdings werde die schulische Ausbildung in Europa immer schlechter und damit werde es immer schwieriger, gute Studenten zu bekommen. "Die Wissenschaft wird immer komplexer, aber die Schulbildung immer leichter", kritisierte der Physiker. (APA)