Alpbach - Die EU müsse die Dynamik des europäischen
Integrationsprozesses künftig auch auf die weltpolitische Ebene
übertragen, erklärte Bundeskanzler Wolfgang Schüssel Montag
Vormittag bei den "Politischen Gesprächen" des diesjährigen
Europäischen Forums Alpbach. "Wer stehen bleibt, fällt zurück",
erklärte Schüssel.
Der Bundeskanzler forderte die Politiker der EU auf, dafür zu
sorgen, dass Europa nicht nur in wirtschaftlicher, sondern auch in
politischer Hinsicht vom "Zwerg zum Riesen" werde. Die Idee Europas
müsse konsequent weitergedacht werden, sagte Schüssel, der zur
"völligen Aufgabe" überholter Feindbilder aufrief, die sowohl in
Europa als auch in den USA und in Russland noch vorhanden seien. "Die
europäische Einigung hätte ohne den Kalten Krieg nicht in dieser
Form und in diesem Tempo funktionieren können", räumte Schüssel ein,
dennoch müssten die drei großen Mächte dieser Welt nun "zu einem rein
partnerschaftlichen Verhältnis" finden.
"Global Payer"
Den partnerschaftlichen Beziehungen stünden allerdings noch einige
Faktoren entgegen, zu deren Überwindung Schüssel eindringlich
aufrief: Für die EU gelte es, nicht nur wirtschaftlich, sondern auch
weltpolitisch zu agieren. Es reiche heute nicht mehr aus, in
Krisensituationen bloß als "global payer" aufzutreten und zu
versuchen, allein mit Finanzhilfen Lösungen zu finden.
An die USA richtete Schüssel die Kritik, dass sie Europa nach wie
vor zuwenig ernst nähmen. Russland sei - so der Bundeskanzler - noch
immer von einem "übertriebenen Sicherheitsbedürfnis" geprägt und
gehemmt.
Schüssel trat dafür ein, auch Staaten, die erst langfristig mit
einer EU-Mitgliedschaft rechnen dürfen, schon heute in diesen
Integrations- und Transformationsprozess einzubeziehen. Namentlich
nannte Schüssel in diesem Zusammenhang die Ukraine und Weißrussland.(APA)