Frankfurt/Berlin - Mit der plötzlichen Zustimmung der christdemokratischen Opposition in Deutschland zur Teilnahme der Bundeswehr am Mazedonien-Einsatz der NATO befassen sich die führenden Tageszeitungen am Mittwoch. "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ): "Plötzliche Kehrtwenden gehören nicht nur in der Seefahrt, sondern auch in der Politik zu den riskanten Manövern. Am Dienstag haben CDU und CSU einen solchen Richtungswechsel vollzogen, kurz bevor der Bundestag über die deutsche Beteiligung am Mazedonien-Einsatz der NATO entscheidet. (...) Der Richtungswechsel wirft die Frage nach der Führungskraft derjenigen auf, die den Kurs erst auf Nein und dann auf Ja festgelegt haben. Das nährt die Zweifel an der Führung, die bei vielen in der Union ohnehin vorhanden sind. (...) Tatsächlich konnte die Regierung Schröder die Forderungen der Opposition weitgehend ignorieren. Die Position der CDU war von Anfang an von Unsicherheit und von der Weigerung geprägt, sich auf präzise und logisch schlüssige Forderungen festzulegen. Dazu wäre es nötig gewesen, die Mandatsfrage in den Mittelpunkt zu stellen und nicht finanzielle Forderungen. (...) Der Verlauf dieses Entscheidungsfindungsprozesses belegt, dass der CDU derzeit eine allgemein anerkannte Führungspersönlichkeit mit Autorität so wie Kohl und Schäuble fehlt". "Handelsblatt": "Der Schwenk von Merkel, Merz, Stoiber und Co. bedeutet eine schwere politische Niederlage für die Union. Dabei ist der Umfaller der Christdemokraten in der Sache vernünftig. Die Verknüpfung von Mandat und Verteidigungshaushalt war ein Fehler, sachlich und taktisch. Wie wichtig das Prinzip der Bündnistreue für die Identität der CDU ist, wurde in den letzten Tagen deutlich. Jetzt haben Partei- und Fraktionsspitze die Notbremse gezogen. Verheerend ist nicht die Entscheidung als solche, sondern es sind die Umstände: Vor einer Woche noch hieß es, die Union könne nicht zustimmen, weil das NATO-Mandat unehrlich und die Bundeswehr strukturell unterfinanziert sei. Am Mandat hat sich nichts geändert, an der Bundeswehrfinanzierung auch nicht. Geändert hat sich die Position der Union. (...) Die Schuldigen an diesem Desaster sind leicht auszumachen: Da ist Fraktionsvize Volker Rühe, der einer zögernden Führung seinen Brachialkurs aufgezwungen hat. Und da sind Fraktionschef Friedrich Merz und Parteichefin Angela Merkel, die nicht rechtzeitig erkannten, in welche Sackgasse die CDU steuert." "Neue Zürcher Zeitung" (NZZ): "Es ist eine Sache, wenn sich eine Oppositionspartei durch fintenreiches Taktieren der Regierung in Schwierigkeiten bringen lässt. Das ist gang und gäbe, nicht nur in Deutschland. Es ist eine andere Sache, wenn sich die Opposition aus eigenem Antrieb und ohne das geringste Zutun der Regierung in ein Schlamassel hineinmanövriert, aus dem sie ohne Schaden nicht mehr herauskommt. Was sich die CDU freilich in den letzten Wochen punkto Mazedonien-Einsatz der Bundeswehr geleistet hat, das gehört schon fast als Paradebeispiel in ein Musterbuch politischer Fehlplanungen. Wenn Mitleid in der Politik etwas zu suchen hätte, dann wäre jetzt eine gehörige Portion angebracht." "Tages-Anzeiger": "Höchst unklug war es von CDU und CSU, die beiden Fragenkomplpexe miteinander zu verknüpfen, ihre Zustimmung zum Bundeswehreinsatz in Mazedonien von einer Aufstockung des Wehretats abhängig zu machen. Ob USA, Frankreich, Großbritannien oder auch Deutschland: Es gehört überall zu den ungeschriebenen Gesetzen, Sicherheitsfragen nicht als Kulisse für innenpolitische Machtkämpfe zu missbrauchen. Ihr Tabubruch führte die Union deshalb in die Selbstisolation. (...) Ihr abenteuerlicher Kurs und die halsbrecherische Wende vom schroffen Nein zum zerknirschten Ja sind indessen kaum dazu geeignet, die Diskussionen um die strategische Kompetenz des CDU-Führungspersonals verstummen zu lassen." (APA)