Bonn - Sechs Jahre nach dem Krieg in Bosnien-Herzegowina ist das Schicksal von 90 Prozent der 20.577 beim Roten Kreuz als verschwunden gemeldeten Menschen weiterhin ungeklärt. Darauf hat am Donnerstag die Menschenrechtsorganisation amnesty international (ai) hingewiesen. Mehr als 5.000 Personen gelten demnach auch in Kroatien und im Kosovo als verschwunden. Aus Anlass des internationalen "Tages der Verschwundenen" erinnerte die Organisation daran, dass es auch in Europa die sonst vor allem aus südamerikanischen Diktaturen berüchtigte Praxis gebe, Menschen "verschwinden" zu lassen und dann oft zu ermorden. Verschwindenlassen sei eine Menschenrechtsverletzung, die auch den Angehörigen der Betroffenen großes Leid zufüge, sagte ai-Europa- Experte Gerd Donner. Die oft jahrelange Ungewissheit über das Schicksal eines geliebten Menschen sei nicht weniger quälend als Folter. Neben den gut 20.000 Fällen in Bosnien-Herzegowina gibt es nach Angaben der Organisation auch etwa 1.000 ungeklärte Schicksale kroatischer Serben sowie mehr als 3.000 verschwundene Kosovo-Albaner, die zuvor von der serbischen Polizei und Paramilitärs festgenommen worden waren. Nach dem Einmarsch der NATO-Truppen ins Kosovo sollen nach Angaben von Angehörigenverbänden ferner rund 1.500 Serben und Roma von der UCK entführt worden sein. (APA)