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Amerikanische Wissenschafter arbeiten an einem Impfstoff gegen Karies. Ob die Zahnärzte nun fürchten müssen, bald arbeitslos zu sein, beantwortet DDr. Ulrich Schoop , Experte für konservierende Zahnheilkunde an der Uniklinik Wien im Interview mit mymed.cc . Das Interview führte Doris Simhofer mymed: Herr Dr. Schoop, werden die lästigen und schmerzhaften Zahnbehandlungen dank der neuesten Fortschritte der Zahnmedizin bald der Vergangenheit angehören? Schoop: Es ist richtig, dass an amerikanischen und britischen Kliniken an einer Impfung als Langzeitschutz gegen Karies gearbeitet wird. Ob diese allerdings, wie behauptet wird, schon in fünf bis sieben Jahren marktreif sein wird, wage ich zu bezweifeln. Es wird ja schon seit vielen Jahren darüber diskutiert, und trotzdem ist die Impfung immer noch in der Entwicklungsphase. Vor allem hinsichtlich der Nebenwirkungen gibt es noch keine befriedigenden wissenschaftlichen Daten. Für Österreich ist diese Methode daher vom heutigen wissenschaftlichen Standpunkt nicht relevant. mymed: Der internationale Gesundheitstrend geht in Richtung Prophylaxe, um kostspielige und schmerzhafte Zahnbehandlungen zu vermeiden. Wie sieht es in Österreich aus? Schoop: Man kann davon ausgehen, dass zwei Drittel der Österreicher von Karies betroffen sind. Bei den meisten beginnt die Karies bereits am Milchgebiss. Ein Befall der Zähne mit Kariesbakterien lässt sich nur schwer vermeiden, doch mit der richtigen Prophylaxe lassen sich Zahnschäden weitgehend verhindern. mymed: Welche Prophylaxe-Maßnahmen sind am effektivsten? Schoop: Entscheidend ist die richtige Ernährung. Eine zuckerarme Kost ist vom Babyalter an die beste Prophylaxe. Außerdem sollten die Zähne mindestens zwei Mal täglich etwa zwei Minuten lang geputzt werden. Um Plaques an den Kontaktpunkten der Zähne zu entfernen, sollte man Zahnseide verwenden, vom ersten bis zum letzten Zahn. Dabei ist es egal, ob man elektrisch oder manuell putzt, so ferne es nur gründlich getan wird. Für Kinder ist die geeignete Fluorprophylaxe zu empfehlen, Erwachsene sollten fluoridhaltige Zahnpasten oder Fluorid-Gels verwenden. Ab dem 6. Lebensjahr ist eine regelmäßige Kontrolle der bleibenden Zähne wichtig. mymed: : Diese Ratschläge haben sich in den letzten 50 Jahren wohl kaum verändert. Gibt es neue Methoden der Karies-Vorbeugung? Schoop: Relativ neu ist die Möglichkeit der Fissurenversiegelung. Dabei werden gesunde Zähne mit einer Art Lack, einem lichthärtenden Kunststoff mit anorganischen Füllkörpern überzogen, sodass die für die Zahnbürste unzugänglichen Bereiche verschlossen und nicht mehr von Bakterien befallen werden. Diese Methode ist für Kinder und Erwachsene zu empfehlen. Wenn allerdings bereits größere Füllungen und starker Kariesbefall bestehen, ist sie nicht sinnvoll. Die Wissenschaft arbeitet derzeit an speziellen Lichtquellen, mit denen man kariöse Läsionen in den Zahnzwischenräumen diagnostizieren kann. mymed: Gibt es eine Möglichkeit, die Karies in den Griff zu bekommen, wenn sie sich einmal ausgebreitet hat? Schoop: Es gibt die Möglichkeit der Kariesrisikobestimmung. Dabei wird die Bakterienkonzentration des Streptokokkus Mutans gemessen. Wenn trotz Mundhygiene immer wieder Karies entsteht, müssen die Herde beseitigt werden, unter Umständen auch mit Hilfe einer lokal medikamentösen Therapie. Allgemein stellen wir einen leicht rückläufigen Trend bei Karieserkrankungen fest, und es könnte sein, dass Zahnschäden schon bald nicht mehr das große Thema wie etwa vor 20 Jahren sind. In der Schweiz, wo bereits seit zwei Jahrzehnten in Schulen medizinische Vorsorge betrieben und forciert wurde, sind große kariöse Fälle bereits sehr selten geworden. mymed: Nimmt eine effiziente Prophylaxe den Zahnärzten nicht das Geschäft weg? Schoop: Es wäre traurig, wenn wir nur so bestehen könnten. Unsere Aufgaben werden in Zukunft eher in Richtung Parodontologie, Kieferorthopädie und ästhetische Zahnheilkunde gehen. Auch die Lasertherapie ist im Vormarsch. Der Laser könnte in Zukunft den klassischen Bohrer ersetzen. Derzeit kommt ein Erbium YAG-Laser zum Einsatz. Das hat den Vorteil, dass die Behandlungen schmerzarm sind, da die Therapie berührungs- und geräuschlos und vibrationsarm erfolgt. Metallische Füllungen können damit jedoch nicht entfernt werden. mymed: Herr Doktor Schoop, wir danken für das Gespräch