Wien - Die Bombe explodierte Mitte Dezember 2000 weitgehend unbemerkt in "La Repubblica", die als erste über ein Memorandum eines früheren Spitzenfunktionärs der Wiener Drogenkontrollbehörde UNDCP, Michael von Schulenburg, berichtete, in dem dieser UNO-intern mit seinem Chef Pino Arlacchi abrechnete: Missmanagement, katastrophale Personalpolitik, zweifelhafte Projekte. Der Bericht wurde auch dem STANDARD zugespielt, der mit weiteren Details am 12. Jänner, einen Tag vor der "Financial Times", über die Vorwürfe gegen den italienischen Mafiasoziologen und PDS-Politiker Arlacchi, der seit 1997 Wiener UNO-Chef ist, berichtete.

Arlacchi drehte in einem STANDARD-Interview am Tag darauf den Spieß um, Schulenburg sei ein herausgeworfener Mitarbeiter mit Ressentiments, der selbst die UNO geschädigt habe. Allerdings musste Arlacchi diese Darstellung später korrigieren: Schulenburg war von selbst gegangen, das "I fired him", das Arlacchi im STANDARD-Interview mehr als einmal gesagt hatte, wurde zurückgezogen. In der Folge traten etliche hochrangige Exmitarbeiter Arlacchis auf den Plan, um Schulenburgs Aussagen öffentlich zu bezeugen, DER STANDARD erhielt zahlreiche Sympathiekundgebungen aus der Wiener UNO, weil er sich als einziges Medium in Österreich der Missstände dort annehme.

Unter den Wortmeldungen von Arlacchi-Kritikern eine der bedeutendsten war die von Francisco Thoumi: Der Drogenexperte hatte seine Arbeit als Koordinator des "Weltdrogenberichts 2000" zurückgelegt, weil er mit Arlacchis Endfassung - die die brisante Frage der synthetischen Drogen einfach ausklammerte - nichts zu tun haben wollte. "Mein professioneller Ruf würde darunter leiden, wenn ich damit in Zusammenhang gebracht wurde", schrieb Thoumi.

Im Februar konnte DER STANDARD exklusiv melden, dass die UNO New York ein Team geschickt habe, um die Vorwürfe zu untersuchen. Der Bericht kam im Juni und gab gemeinsam mit dem Bericht der routinemäßig durchgeführten Dreijahres-Evaluierung ein verheerendes Bild: Fehler bei Entscheidungen, Vergeudung von Ressourcen, mangelnde Transparenz, Demoralisierung der Mitarbeiter. Auch die Vorwürfe gegen den Weltdrogenbericht wurden bestätigt: Er betone positive Entwicklungen an der Drogenfront "jenseits der Grenze der Glaubwürdigkeit".

Seither war die Entscheidung von UNO-Generalsekretär Kofi Annan über die Verlängerung des Vertrags von Arlacchi mit Spannung erwartet worden. Arlacchi selbst spielte den Bericht herunter, gab an, eine zweite Amtsperiode anzustreben und verwies auf bereits laufende Reformen und Verbesserungen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 1.10.2001)