Wien - Ein bisher noch nicht beachtetes, brisantes Detail des aktuellen "Grünen Berichtes 2000" des Landwirtschaftsministeriums könnte den österreichischen Konsumenten bald schwer im Magen liegen. Wie aus der Studie zu entnehmen ist, ist der Pestizidverbrauch auf den heimischen Äckern - gegen alle Ankündigungen und Zielvorgaben - nicht gesunken, sondern drastisch angestiegen.Reduktion nicht gelungen Die ursprünglichen Planungen des Landwirtschaftsministeriums, den Einsatz von Unkrautvertilgungs- und Pflanzenschutzmittel stark zu reduzieren, ist somit weit verfehlt worden. In den letzten fünf Jahren sollte die Menge an Pestiziden um 20 Prozent reduziert werden. Verfehlung um 660 Tonnen Tatsächlich ist ein durchschnittliches Minus von knapp 1,5 Prozent herausgekommen. Zuletzt stieg der Pestizideinsatz sogar wieder an, von 3418 Tonnen im Jahr 1999 auf 3563 Tonnen im Jahr 2000, dies entspricht einer Steigerung um 145 Tonnen. Für das Jahr 2000 sollte nach den ursprünglichen Planungen der Verbrauch sogar nur bei bei 2900 Tonnen liegen - eine Verfehlung des Zieles um mehr als 660 Tonnen. Mitteln sind stark konzentriert Ein weiteres Detail macht die Sache noch brisanter: In den letzten Jahren sind die neu zugelassenen Mitteln um ein Vielfaches wirksamer geworden. Es bedarf einer wesentlich geringeren Dosis um eine gleiche Wirkung wie bei den alten Substanzen zu erzielen. Und dennoch ist der Mengenverbrauch gestiegen. Nicht mitgerechnet in der Statistik des "Grünen Berichtes" sind überdies die aus anderen EU-Mitgliedsländern von den Bauern direkt importierten Pestizide. Schätzungen der Branche zufolge kommt bereits die Hälfte der in Österreich eingesetzten Pestizide auf diesen Wegen unkontrolliert nach Österreich. Verfehlte Politik Global-2000-Sprecherin Andrea Paukovits macht für diese "alarmierende Entwicklung" in der Pestizidstatistik "eine verfehlte Landwirtschaftspolitik" von Minister Wilhelm Molterer verantwortlich. Paukovits: "Einerseits sagt Minister Molterer, dass der Einsatz von Pestiziden reduziert werden soll, andererseits plant er eine Senkung der Umsatzsteuer auf Pestizide, was deren Einsatz steigern wird." Minister-Sprecher Daniel Kapp argumentiert, dass eine quantitative Aufschlüsselung "nicht aussagekräftig ist". Es sei etwa ebenso der Schwefelverbrauch gestiegen, und gerade Schwefel werde auch im ökologischen Landbau eingesetzt. Die Direktimporte seien "ein Phänomen des Binnenmarktes" und als solche nicht zu verhindern. (Walter Müller, DER STANDARD Print-Ausgabe 5.Oktober 2001)