Luxus ist, was man sich leistet, ohne auf den Preis zu schauen. Der "Orpheus" von Sennheiser - hergestellt in limitierter Anzahl - besitzt einen legendären Ruf. Ist er nun "der beste Kopfhörer der Welt"? Oder nur der teuerste? Die Verbindung aus elektrostatischem Referenz-Kopfhörer und dem Röhren-Verstärker kommt stilvoll mit Zertifikat und in Luxus-Verpackung ins Haus. Nur der Besitzer kann den Hochglanz-Verstärker aktivieren - mit einem Schlüssel. Unter sanftem Blinken des Kontrolllichts beginnen die Röhren zu glimmen. Dank eingebauten Wandlers sind CD- oder DVD-Player direkt anzuschließen (bis 48 kHz-Taktrate); für andere, analoge Quellen sind Stereo-Eingänge vorgesehen. Der Orpheus betört und schmeichelt nicht den Sinnen wie der antike Sänger: Er wirkt wie eine akustische Linse, die unbestechlich die musikalische Welt schildert, wie sie ist oder sein könnte. Bei einer Live-Aufnahme der "Fledermaus" raschelten manche Bühnengeräusche so realistisch, als passierten sie im Zimmer. Die Durchsichtigkeit war ebenso vorbildlich wie der feinsinnige, ultraschnelle Klang, der die Höhen einer Bar-toli oder Gheorghiu leuchten ließ und dann sogar die Bassgewalt eines Bösendorfer-Imperial-Flügels wuchtig darstellte. Selbst die Im-Kopf-Lokalisation kann man leichter als bei anderen Hörern abstreifen und sich Musiker "nach vorn auf die Bühne" denken. So muss es einem Entdecker entgangen sein, wenn er Neuland betrat. Ich legte immer neue CDs auf und nahm Zusammenhänge wahr, wie ich sie sonst (nur selten) auf besten Lautsprechern erlebt hatte, ob es sich nun um Billie Holiday, Vivaldi-Konzerte, Erroll Garner oder die Wiener Philharmoniker handelte. Orpheus ist ein Meisterwerk, das Intellekt und Gefühl anspricht. Noch sind für Kenner wenige Stücke verfügbar. der Standard/rondo/2/11/01