Seit dem 11. September glost ein stetiges Feuer auf "Ground Zero" - der Stätte, an dem nicht nur die Zwillingstürme des World Trade Centers, sondern auch umliegende Gebäude durch das größte terroristische Attentat der Geschichte dem Erdboden gleichgemacht wurden. Feuerwehrleute und Rettungspersonal arbeiten rund um die Uhr, um mehr als eine Million Tonnen Asche und Schutt abzutragen. Es wird angenommen, dass das Feuer noch einige Monate weiterglosen wird. Noch immer finden die Arbeiter Stücke, die trotz des Feuers und der Zerstörung relativ heil geblieben sind, etwa Computer oder Teile von Büroeinrichtungen. Ohne jede Spur Vor einigen Tagen wurden sogar Gold- und Silbervorräte in einem Tresorraum gefunden, die einen Gesamtwert von etwa 200 Millionen Dollar repräsentieren. Der Eigentümer dieser Schätze ist die Bank of Nova Scotia. Unter dem Gebäude sechs des World Trade Centers fanden sich - in einem relativ geschützten Hohlraum - eine ganze Armada von Regierungsfahrzeugen, darunter auch eine Limousine für hochrangige Besucher, die angeblich einem Geheimdienst gehören solle. Von den unzähligen Waffen, Kokainvorräten und anderen Drogen, die von den amerikanischen Zollbehörden in einem weiteren Gebäude gelagert worden waren, fehlt jedoch bis jetzt noch jede Spur. Kein Wunder also, dass Außenstehende und Besucher von Ground Zero nur nach strengen Regeln und genauer Prüfung vorgelassen werden - so auch Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, der am Freitag vormittag der insgesamt 4492 New Yorker Opfer der Terrorangriffe gedachte. Wie schon der französische Staatspräsident Jacques Chirac, der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder oder Kofi Annan, der Generalsekretär der Vereinten Nationen, vor ihm sah sich auch der österreichische Bundeskanzler im südlichen Manhattan mit einer Realität konfrontiert, die kein Fernsehbild vermitteln kann - an einem Massengrab von Tausenden unschuldiger Menschen. Bei diesem Anblick sind bisher noch die meisten Politikerfloskeln ausgeblieben und haben echter Erschütterung Platz gemacht. Schüssels Besuch in New York diente außerdem dazu, dem New Yorker Bürgermeister Rudy Giuliani einen österreichischen Beitrag für die Opfer der Tragödie anzubieten: Die Gesamteinnahmen eines Benefiz-Konzertes, das von den Wiener Sängerknaben speziell zu diesem Zweck veranstaltet worden war, sollen den Angehörigen der im World Trade Center umgekommenen Personen zugute kommen. Schüssel wurde bei seinem Besuch vom Vorsitzenden der New Yorker Federal Reserve Bank, William J. McDonough, zu einem privaten Mittagessen eingeladen, ehe er am Freitagnachmittag nach Wien zurückflog. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 3./4. November 2001)