Wien - Gibt der Herr ein Haserl, gibt er auch ein Graserl - das ist falsch, grundfalsch. Mag der Herr normalerweise auch noch so allmächtig sein, beim gemeinen Feldhasen (Lepus capensis) lässt er komplett aus. Von wegen "ein Graserl": Legt sich der Herbst über Österreich, erleidet der behende Langlöffler einen "Ernteschock".

Sind erst moderne Erntemaschinen über die Agrokulturlandschaften gerattert, findet sich der hoppelnde Steppenbewohner sozusagen in einer "Wüste" wieder: Nichts mehr zu mümmeln, nichts mehr zum verstecken. Ganze Hasenpopulationen müssen sich die wenigen verbliebenen Reviere teilen; Krankheiten breiten sich aus, von zehn Jungtieren überleben bestenfalls drei ihre ersten Monate.

Natürlich, da sind noch die Jäger. Sie helfen den Hasen als Heger auf die Sprünge - damit die bei den herbstlichen Treibjagden vor ihren Flinten dann Haken schlagen. Dass dabei das Signal "Hase tot" ins Jagdhorn gestoßen wird, ist so gut wie sicher: Exakt 194.019 Rammler und Häsinnen bissen in der vergangenen Jagdsaison ins Gras.

Wildwochen

Wie viele davon bei den derzeit überall angepriesenen Wildwochen in der Pfanne landen, ist so wenig festzustellen, wie in vielen Restaurants eine diskrete Qualität der Soße zum Hasenbraten. In Zeiten von Schweineskandal und Rinderwahnsinn rechnen sich die Jäger dennoch gute Chancen für ihr fett- und cholesterinarmes aber mineralstoffreiches Erlegtes aus: "Wildpret ist gut nachgefragt und boomt nicht nur im Herbst", freut sich etwa Peter Lebersorger, der Geschäftsführer des niederösterreichischen Landesjagdverbandes.

Zumindest im Fall des gemeinen Feldhasen hat der Waidmännerfunktionär damit ganz sicher Recht. Denn der hat spätestens nächste Ostern wieder eine ganz große Konjunktur. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 6.11.2001)