München - Das 1992 erteilte Patent auf die "Harvard-Krebsmaus" muss in Teilen modifiziert werden, ist im Kern aber gültig. Zu diesem Urteil kam am Mittwoch die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts in München nach zweitägiger Verhandlung - ein Teilerfolg für die Patentgegner. Grundsätzlich sei eine Patentierung von Lebewesen nach der geltenden Rechtslage zwar zulässig, begründete die Einspruchsabteilung ihre Entscheidung. Die Patentansprüche seien in ihrer umfassenden Gültigkeit für alle Säugetierarten jedoch inakzeptabel. Die US-amerikanische Harvard-Universität (Cambridge, Massachusetts) muss das Patent EP 169672 jetzt entsprechend modifizieren, um es bestätigt zu bekommen. Das Krebsmaus-Patent umfasst in der vorliegenden Form alle Säugetiere, in deren Erbgut ein bestimmtes menschliches Krebsgen eingefügt wird, um diese Tiere häufiger und schneller an Krebs erkranken zu lassen. Mit den Versuchstieren sollen Medikamente gegen Krebs entwickelt werden. Die Patentgegner aus Deutschland, Österreich, Italien, der Schweiz und England hatten angezweifelt, dass es sich bei dem Patent um eine "Erfindung" handle. Die Einspruchsabteilung wies jedoch einen Teil der 17 Sammeleinsprüche von mehr als 100 Organisationen und Einzelpersonen ab, die einen Widerruf des Patents gefordert hatten, weil sie es für rechtlich, moralisch und technisch unzulässig hielten. Der britische Patentanwalt der Harvard-Universität, Richard Bizle, hatte alle Einsprüche zurückgewiesen. Das Patent sei von der 1998 vereinbarten EU-Patentrichtlinie gedeckt. Ein erstes Einspruchsverfahren war 1995 abgebrochen worden, die aktuelle Neuaufnahme durch eine neue Rechtslage notwendig geworden. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8. 11. 2001)