Wien - Die Kritik an Umweltminister Wilhelm Molterer (V) in
der Temelin-Diskussion reißt nicht ab. Seinen Verweis auf das
Völkerrecht im Zusammenhang mit dem Hinweis auf das souveräne Recht
eines Staates, über die Energiepolitik selbst zu entscheiden, lässt
SPÖ-Umweltsprecherin Ulli Sima nicht gelten. Das Völkerrecht sei
keine Rechtfertigung für die Akzeptanz des südböhmischen
Kernkraftwerkes Temelin.
Die Grüne Umweltsprecherin Eva Glawischnig erklärte, der "Schwenk"
Molterers werde beim Treffen der Klubchefs am kommenden Montag ein
"Nachspiel" haben. FPÖ-Generalsekretär Karl Schweitzer ging in seiner
Aussendung nicht auf den Umweltminister ein. Schweitzer betonte, für
die FPÖ komme ein Abschluss des Melker Prozesses nicht in Frage, da
nach wie vor sieben wesentliche Sicherheitsfragen ungeklärt seien.
Der Landeschef der FP-NÖ, Ernest Windholz attackierte dagegen
Molterer frontal: Der "Temelin-Unfaller" sei "unfassbar".
Sima im SPÖ-Pressedienst zu Molterer: "Dass der Umweltminister im
Kampf gegen Temelin jetzt die Flinte ins Korn wirft und Temelin
ungeachtet der zahlreichen Sicherheitsdefizite akzeptiert, hat nichts
mit dem Völkerrecht zu tun. Tatsache ist, dass die Regierung in ihrer
Anti-Temelin-Politik gescheitert ist, da sie ausschließlich auf den
Melker Prozess gesetzt hat." Die Regierung habe es sträflicherweise
verabsäumt, auf EU-Ebene den Temelin-Ausstieg zu forcieren und starke
Verbündete dafür zu suchen. "Mit seinem Umfaller verschenkt Molterer
diese Chance, was schlichtweg unverantwortlich ist", so Sima. Die ÖVP
treibe nun die Bevölkerung direkt der FPÖ und ihrem völlig
kontraproduktiven Veto-Volksbegehren in die Hände: "Dabei ist völlig
klar, dass ein Veto Temelin weder verhindert noch sicherer macht."
Glawischnig in einer Aussendung der Grünen: "Die Blauschwarze
Bundesregierung steht in der Temelin-Frage vor einem riesigem
Scherbenhaufen, in den sie sich selbst seit Monaten konsequent
hineingesteuert hat. Innerhalb der Regierung ist das blanke Chaos
ausgebrochen. FPÖ und ÖVP sind offenbar nicht einmal mehr in der
Lage, in ihrer Temelin-Politik einen Minimalkonsens herzustellen.
Während die FPÖ weiter stur auf ihrem sinnlosen Veto-Alleingang
beharrt, wollen Umweltminister Molterer und Bundeskanzler Schüssel
die Verhandlungen mit Tschechien abschließen, ohne das ein
akzeptables Ergebnis auch nur in Sichtweite ist." Nach Ansicht
Glawischnigs ist ein Abschluß des Energiekapitels derzeit aufgrund
der Weigerung der tschechischen Regierung, in elementaren
Sicherheitsfragen Zugeständnisse zu machen, absolut unverantwortlich.
Windholz erklärte, die FP in Niederösterreich halte am Veto gegen
einen EU-Beitritt Tschechiens, falls das AKW Temelin nicht
stillgelegt wird, fest. Daran könne auch die "temelinfreundliche" und
damit "landesfeindliche" Haltung von VP-Minister Molterer nichts
ändern. Windholz betonte erneut, dass das Volksbegehren als
überparteiliche Initiative gedacht sei und fordert einen "nationalen
Schulterschluss" gegen den bereits von unzähligen technischen
Gebrechen heimgesuchten tschechischen "Schrottmeiler".(APA)