Forschung & Geschlecht
Frauenschwund an Universitäten alarmiert Politikerinnen
ÖVP- und SPÖ-Frauen wollen dem unterschiedlich entgegen treten
Innsbruck - Mit der Einführung der Studiengebühren ist die
Gesamtzahl der Studierenden an der Universität Innsbruck im
Wintersemester (WS) 2001/2002 um 23 Prozent (6.715 Personen)
zurückgegangen. Da heuer um 487 weniger Erstzugelassene (minus 12,8
Prozent) als in den Vorjahren registriert worden waren, habe sich
gezeigt, "dass die Zahl der so genannten 'Scheininskribienten'
weitaus geringer war" als zuvor angenommen, betonten die
Verantwortlichen am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Innsbruck.
Im Vergleich zu den Vorjahren zeichnet sich bei der Verteilung
Frauen/Männer ein neuer Trend ab. Zwar studieren immer noch mehr
weibliche Studierende (51 Prozent oder 11.461 Frauen) an der
Innsbrucker Hochschule als ihre männlichen Kollegen, trotzdem ist
dieser Anteil rückläufig. Besonders deutlich zeige sich dies bei der
Zahl der "Neuinnsbruckerinnen", die verglichen mit dem Jahr 2000 um
rund 20 Prozent (Männer minus vier Prozent) zurückging.
Brinek alarmiert
ÖVP-Wissenschaftssprecherin Gertrude Brinek ist wegen der jüngsten Studienanfängerstatistik aus Innsbruck alarmiert. Brinek schlägt nun eine grundsätzliche Reform der Bezugsregelungen für Stipendien vor. "Wir müssen eine Entkoppelung vom Unterhaltsrecht erreichen, damit junge Frauen die Entscheidung über ein Studium autonom treffen können", betont Brinek.
SPÖ-Stadlbauer: "Es ist genau das eingetreten, wovor wir gewarnt haben"
"Das ist doch der reinste Hohn", ärgerte sich heute
SPÖ-Bundesfrauensekretärin Bettina Stadlbauer in einer Reaktion auf
die Aussage der ÖVP-Wissenschaftssprecherin Gertrude Brinek gegenüber
dem "Standard". Brinek zeige sich wegen der dramatisch gesunkenen
Zahl der Studienanfängerinnen in Innsbruck alarmiert. "Wurde die
Wissenschaftssprecherin vor Einführung der mehr als bedenklichen
Studiengebühren von ihrer Partei dazu schlicht und einfach nicht
befragt?", so Stadlbauer, die in diesem Zusammenhang die Bedeutung
des Bildungsvolksbegehrens unterstrich: "Gerade für Frauen ist es
wichtig, hinzugehen und zu unterschreiben."
Die SPÖ-Bundessekretärin deponierte, dass sie ganz und gar nicht
erstaunt über die Entwicklung der Studentinnen-Zahlen sei: "Es ist
genau das eingetreten, wovor wir gewarnt haben." Der Rückgang bei den
weiblichen ErstinskribentInnen sei auch in Linz, Graz und Wien
signifikant. "Das liegt einerseits daran, dass es sich Familien nicht
mehr so einfach leisten können, zwei oder drei studierende Kinder zu
unterstützen. Und andererseits daran, dass es für Studentinnen, die
sich ihr Studium selbst finanzieren, aufgrund der Einkommensschere
bei den StudentInnen-Jobs schwieriger ist, zu dem zusätzlich
benötigten Geld zu kommen." Stadlbauer befürchtet daher einen
Rückschlag für die Bildungsoffensive der 70-er Jahre, von der vor
allem Frauen profitiert hätten.
"Bildung muss kostenfrei zur Verfügung gestellt und den spezifischen
Bedürfnissen von Frauen gerecht werden", betonte Stadlbauer. Die
Bundesfrauensekretärin forderte in diesem Zusammenhang die
Abschaffung der Studiengebühren, das Bereitstellen von
Kinderbetreuungseinrichtungen für Frauen, die sich aus- und
weiterbilden lassens und einen Weiterbildungsbonus bestehend aus
Bildungskonto und Bildungskredit vor allem für WiedereinsteigerInnen.
SPÖ-Wurm: "Reaktionäre Wende in der Bildungspolitik"
"Mit der Einführung der Studiengebühren hat es die
blau-schwarze Regierung offensichtlich geschafft, dass viele Frauen
nicht mehr studieren. Der dramatische Einbruch bei den
Erstinskribentinnen an der Universität Innsbruck zeigt, dass die
reaktionäre Wende in der Bildungspolitik dieser Regierung Wirkung
zeigt", erklärte SPÖ-Abgeordnete Gisela Wurm am Donnerstag.
"Ich fordere daher alle ÖsterreicherInnen auf, möglichst zahlreich
das Bildungsvolksbegehren zu unterschreiben.
Weitere Zahlen aus Innsbruck
Insgesamt wurden 3.331 HörerInnen erstmals zum Studium
zugelassen. Hinzu kommen noch 229 Studierende, die bereits an einer
anderen Österreichischen Uni ein Studium begonnen haben und
schließlich in die Tiroler Landeshauptstadt wechselten. Die
Gesamtzahl der neuen StudentInnen nahm um 14 Prozent oder 582 Personen
ab. Die endgültigen Zahlen könnten aber erst Anfang Dezember
festgelegt werden, da auch wieder eine "Nachinskriptionsfrist" bis
Ende November eingeführt worden war. (APA/red)