Österreich
Angeschossener Gendarm außer Lebensgefahr
Mutmaßlicher Bankräuber beging nach Schießerei wahrscheinlich Selbstmord
Wien - "Der Beamte ist nicht mehr in akuter Lebensgefahr." Dem Tonfall in der Stimme von Oberst Franz Polzer, dem Chef der niederösterreichischen Kriminalabteilung, war Mittwoch Erleichterung anzumerken. Einer seiner Männer, Gruppeninspektor Ernst L. (42), hatte am Abend davor in Wien bei einer Schießerei mit einem als Bankräuber verdächtigten Obst- und Gemüsehändler einen Bauchschuss abbekommen und musste notoperiert werden.
Wie DER STANDARD in einem Großteil seiner gestrigen Auflage berichtete, ist der 60-jährige Obsthändler tot. Er dürfte sich durch einen Schuss in den Mund selbst umgebracht haben. Ergebnisse der Obduktion lagen Mittwoch noch nicht vor.
Das Wiener Sicherheitsbüro hat den Fall übernommen. Stand der Ermittlungen: Die Kollegen aus Niederösterreich versuchten einen Banküberfall vom 24. Oktober in Weigelsdorf (Bezirk Baden) aufzuklären. Nach der Veröffentlichung eines Bildes aus der Überwachungskamera erhielten die Kriminalisten einen Hinweis auf den 60-jährigen Friedrich H. aus Berndorf, der auf dem Großgrünmarkt Inzersdorf in Wien-Liesing einen Einmannbetrieb führte. Drei Kriminalisten machten sich auf den Weg.
Im Büro am Großgrünmarkt rührte sich niemand, also ließen die Beamten die Tür von einem Schlüsseldienst aufsperren. Zwei Gendarmen gingen hinein. Da krachte es, ein Beamter sank getroffen zu Boden. Seine Kollegen erwiderten das Feuer, zogen sich aber aus der Schusslinie nach draußen zurück. Dann Ruhe. Und Ungewissheit: Ist der Widersacher getroffen? Lebt der Kollege noch?
Die Wiener Alarmabteilung (WEGA) stürmte schließlich das Geschäft. Der angeschossene Beamte konnte versorgt werden, die Leiche des Obsthändlers lag im Nebenraum. Er dürfte sich mit seinem Magnum-Revolver selbst erschossen haben. Darauf deutete die Art der letalen Wunde hin. Beweise dafür, dass H. der gesuchte Bankräuber war, lagen Mittwoch noch nicht vor. Laut Polizei aber zahlreiche Indizien. Möglicherweise geht auch ein zweiter Banküberfall auf H.s Konto. Nähere Details gab es wegen der laufenden Ermittlungen nicht. (simo/DER STANDARD, Print, 8.11.2001)