Wirtschaft
WTO-Konferenz nächste Woche
Wifo-Expertin Biffl will Mechanismen zur Regelung von wirtschaftlichen Konflikten einführen
Wien - Die Vorbehalte vieler Entwicklungsländer gegen
arbeitsrechtliche Mindeststandards schaden auf längere Sicht den
wirtschaftlichen Interessen der so genannten "Dritten Welt": Der
Mangel an Institutionen, in denen ein Interessensausgleich
stattfinden kann oder die fehlende Organisationsfreiheit für
Arbeitnehmer haben nämlich eine geringere Anpassungsfähigkeit in
Krisensituationen zur Folge. Diese Meinung vertritt die
Arbeitsmarktexpertin des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo),
Gudrun Biffl.Umstrittenes Thema: Minimale Arbeitsstandards
Im Vorfeld der nächste Woche in Doha (Katar) stattfindenden
Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation (WTO) sorgt die
Einführung universell gültiger, minimaler Arbeitsstandards für harte
Diskussionen. Während die EU darauf dringt, "nicht handelsbezogene
Fragen" auf die Agenda einer neuen Welthandelsrunde zu setzen,
leisten Staaten des "Südens" hinhaltenden Widerstand gegen
einklagbare "labor standards" (z.B. Mindestlohn, Recht auf
gewerkschaftliche Organisation). Sie sehen hinter diesen Forderungen
einen sozial und ökologisch bemäntelten Protektionismus und fürchten
um ihre Konkurrenzfähigkeit am Weltmarkt.
Eine kurzsichtige Haltung, meint Biffl, die Mechanismen zur
Regelung von wirtschaftlichen Konflikten und verlässliche soziale
Rahmenbedingungen für Voraussetzungen für den wirtschaftlichen Erfolg
hält. "Für mich stellt sich nicht die Frage, ob sich die ärmeren
Staaten diese leisten können, sondern die Frage, wie sie ohne sie
überleben wollen", sagte Biffl am Dienstag im Gespräch mit der APA.
Institutionen und "demokratische" Formen der Konfliktregelung seien
"die Maschinen, die ich brauche, um Investitionen anzuregen." Nur
über sie könne sichergestellt werden, "dass es zu keinen abrupten
Änderungen kommt - auch wenn es 'externe Schocks' gibt."
Als Beispiel für solche von außen einwirkende Schocks führt Biffl
die weltweiten Krisensymptome Mitte der 70er-Jahre an: etwa rasante
Ölpreissteigerungen oder extreme Währungsschwankungen.
Volkswirtschaften mit den genannten Rahmenbedingungen hätten sich
besser angepasst und in den folgenden Jahrzehnten den "Anschluss" an
die industrialisierte Welt gefunden - die asiatischen "Tigerstaaten"
etwa. Andere wie die Mehrzahl der afrikanischen Staaten seien
"abgehängt" worden - obwohl sie bei Ausbruch der Krise die höchsten
Wachstumsraten gehabt hätten, argumentiert die
Wirtschaftswissenschafterin. (APA)