Geschlechterpolitik
"Frauen leisten zu 80 Prozent die Familienarbeit"
So Haupt im Rahmen einer Familientagung - SPÖ kontert: Problem erkannt, aber falsche Maßnahmen
Wien - Familien- und Kinderpolitik sei nicht nur Sache des
Bundes, sondern auch der Gemeinden. Das erklärte Generationenminister
Herbert Haupt (F) in seiner Eröffnungsrede zur Fachtagung "Familien -
Zukunft der Gemeinden" am Mittwoch in Wien. Haupt will ein Audit
entwickeln, in dem Ziele und Maßnahmen einer familienbewussten
Gemeindepolitik definiert, umgesetzt und überprüft werden können.
Wichtig wäre es, Kinder als eigenständige Persönlichkeiten mit
eigenen Bedürfnissen zu sehen und nicht als "Noch-Nicht-Erwachsene",
betonte Haupt. Der Widerspruch zwischen Kinderwunsch und Realität sei
eklatant. Darum müsse, so der Generationenminister, an der
Verbesserung der Lebensräume der Familien mit Kindern gearbeitet
werden.
Familienarbeit und Kindergeld
Das Kindergeld wäre ein wichtiger Schritt, um junge Familien
finanziell abzusichern. Dennoch sei weiterhin die Vereinbarkeit von
Beruf und Familie das größte versteckte Problem der Gesellschaft: Ein
Problem, so Haupt weiter, das zu einem Großteil auf dem Rücken der
Frauen ausgetragen würde. Denn die Frauen leisten zu 80 Prozent die
Familienarbeit. Mit dem Audit könne die Kinderfreundlichkeit einer
Gemeinde definiert, umgesetzt und gemessen werden. Damit würde auch
der zu niedrigen Geburtenrate sinnvoll begegnet werden, ist Haupt
überzeugt.
Reaktion
"Frauenminister Haupt hat zwar das Problem richtig
erkannt, nämlich dass es nach wie vor schwierig ist, Beruf und
Familie unter einen Hut zu bringen. Die Maßnahmen der blauschwarzen
Bundesregierung tragen aber nicht dazu bei, dieses Problem zu lösen,
sondern sie verschärfen das Problem", kommentierte die
Frauensprecherin der SPÖ Wien, LAbg. Martina Ludwig am Mittwoch die
Aussagen von Frauenminister Herbert Haupt. "Zuerst wird die
Kindergartenmilliarde gestrichen und dann werden Maßnahmen seitens
der Gemeinden gefordert, für mehr Familien- und Kinderfreundlichkeit
zu sorgen. Damit will sich der Frauenminister aus seiner
Verantwortung stehlen", kritisierte Ludwig.
"Kindergeld einzuführen und gleichzeitig die Kindergartenmilliarde
zu streichen, trägt nicht zur besseren Vereinbarkeit von Kind und Job
bei, sondern drängt Frauen aus dem Berufsleben", verwies die SPÖ
Wien-Frauensprecherin auf die "verfehlte Frauenpolitik" der
Bundesregierung. "Wenn der Herr Frauenminister meint, es müsse mehr
kinder- und familienfreundliche Gemeinden geben, dann kann er sich
Wien als Vorbild nehmen", so Ludwig. "In Wien gibt es österreichweit das dichteste Netz an
Kinderbetreuungseinrichtungen und hier gibt es auch die mit Abstand
höchste Frauenerwerbsquote Österreichs. Von Frauenminister Haupt
erwarte ich mir, dass er Rahmenbedingungen zur besseren Vereinbarkeit
von Familie und Beruf schafft. Das heißt zum Beispiel: Ausbau von
Kindergartenplätzen in ganz Österreich und Unterstützung von Frauen
beim Wiedereinstieg nach der Karenz. Audits zur Steigerung der
Familien- und Kinderfreundlichkeit von Gemeinden haben wenig Sinn,
wenn die Bundesregierung die dafür nötigen Voraussetzungen schafft",
so Ludwig abschließend.
(APA/red)