Bern/Vaduz/Wien - Die
Schweizer Bundesanwaltschaft hat im Zuge ihrer Ermittlungen gegen die Tessiner
Finanzgesellschaft al-Taqwa/
Nada alle Bankkonten der
Firma und ihrer Verantwortlichen sperren lassen. Wie der
stellvertretende Bundesanwalt Claude Nicati am Donnerstag vor den Medien in
Bern erklärte, ging eine entsprechende Aufforderung an
alle Banken in der Schweiz.
Ein Strafverfahren richtet sich
vorerst gegen die Ägypter
Youssef Nada und Ali Ghaleb
Himmat wegen der mutmaßlichen Mitgliedschaft in einer
kriminellen Vereinigung.
Nach der Publikation der
erweiterten Liste der USA, die
Namen von Organisationen
beinhaltet, die den internationalen Terrorismus unterstützen sollen, war Nada in Lugano kurzzeitig festgenommen
und verhört worden. Wie die
NZZ am Donnerstag schrieb,
stehe der Präsident der "Nada
Management Organisation"
im Verdacht, Verbindungen
mit Osama bin Laden zu haben. Die Finanzgesellschaft
"Nada Management Organization", die noch bis vor kurzem
al-Taqwa hieß, ist in den Ruf
geraten, als "verkappte Bank
islamistischer Organisationen
zu operieren". Nada sei laut
NZZ 1954 nach dem Verbot
der Muslimbruderschaft in
Ägypten nach Libyen geflüchtet. Nach der Machtübernahme von Muammar el Gaddafi,
1969, habe er sich aber nach
Österreich abgesetzt. Bald danach habe ihm der CA-Bankverein in Wien eine eigene Büroflucht angeboten; Nada habe
im Gegenzug Finanzen für den
CA-Bankverein streng nach
dem islamischen Gesetz verwaltet. Damit sei zum ersten
Mal in Europa Kapital gemäß
der Scharia investiert worden.
Nicht verändert
Derzeit gibt es offenbar keine neuen Hinweise auf Finanzverbindungen mutmaßlicher terroristischer Organisationen mit österreichischen
Banken. Verdächtige Verbindungen seien im Oktober bei
der Staatsanwaltschaft angezeigt worden, seither habe
sich die Sachlage nicht verändert, sagte der Sprecher der
Generaldirektion für die Öffentliche Sicherheit, Rudolf
Gollia, am Donnerstag.
Einzelne verdächtige Konten seien entweder bereits gesperrt, in mehreren Fällen hätten sich Namensgleichheiten
als harmlos aufgeklärt, hieß es
von Bankenseite. Es gebe vorerst keinen weiteren Handlungsbedarf. Nada scheint im
Wiener Firmenbuch bereits
seit 1970 als Prokurist und Gesellschafter der Youssef M.
Nada & Co. GesmbH, die am
Kärntner Ring 2 ansässig ist.
Nach einer Kapitalerhöhung 1987 weist die Gesellschaft ein Stammkapital von
500.000 S (36.337 €) auf. Eine
Bankverbindung dieser Gesellschaft mit der heutigen
Bank Austria-Tochter Creditanstalt sei bereits im März
gekappt worden, sagte Bank
Austria-Sprecher Martin Hehemann. Das Unternehmen
beschäftigt laut Firmenbuch
außer Nada und Geschäftsführer Himmat Ali Ghaleb, beide
50-Prozent-Gesellschafter,
keine weiteren Mitarbeiter. Es
sind auch keine besonderen
Geschäftstätigkeiten der Gesellschaft bekannt.
Bei den Ermittlungen der
Schweizer Behörden wurden
auch erste Spuren nach Liechtenstein entdeckt. Am Mittwoch untersuchten die Behörden in Vaduz zwei "Briefkästen". Bei den Sitzgesellschaften Al-Taqwa Trade und
der Asat Trust, die zur Finanzgesellschaft al-Taqwa gehören
sollen, wurden Hausdurchsuchungen durchgeführt und
Akten beschlagnahmt. Um
wie viele Konten es sich handelt, konnte Gerichts-Pressesprecher Lothar Hagen nicht
sagen. Gegen die Liechtensteiner Treuhänder der
Briefkastenfirmen laufen, so
Hagen, vorerst keine Untersuchungen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 9.11.2001)