Bulgarien
Bulgarische Präsidentenwahl geht in die zweite Runde
Ex-Kommunist Pawanow liefert Überraschung - Denkzettel für Ex-König
Sofia - Wegen einer äußerst schwachen Beteiligung und
einem überraschenden Patt zwischen den Bewerbern geht die bulgarische
Präsidentschaftswahl kommenden Sonntag in die zweite Runde. Nur 39,2
Prozent der Wähler - so wenig wie noch nie seit Ende des Kommunismus
1989 - gingen am Sonntag nach Angaben der Wahlkommission an die
Urnen. Eine Beteiligung von mindestens 50 Prozent ist laut Verfassung
aber nötig. Nachwahlbefragungen zufolge lag der Favorit und
Amtsinhaber Petar Stojanow bei 35,2 Prozent der Stimmen gleichauf mit
dem Sozialisten Georgi Parwanow. Andere Institute gaben Parwanow
sogar einen leichten Vorsprung. Ein offizielles Ergebnis gab es wegen
technischer Probleme bis Montagnachmittag nicht. Parwanow Überrraschung des Abends
Dem Ex-Kommunisten Parwanow gelang die Überraschung des
Wahlabends, indem er den ehemaligen Innenminister Bogomil Bonew mit
höchstens 20 Prozent auf den dritten Platz verwies. Damit machen
Stojanow und Parwanow die Stichwahl unter sich aus. Das Wahlergebnis
sei eine Rehabilitierung seiner Sozialistischen Partei PSB und der
Linken überhaupt, sagte Parwanow am Sonntagabend. Der 44-Jährige
wertete den Ausgang als "Votum für einen Wechsel". Analysten zufolge
kam ihm die niedrige Wahlbeteiligung zugute, weil viele potenzielle
Wähler Stojanows zu Hause blieben. Das heißt aber auch, dass der
Historiker Parwanow Mühe haben dürfte, für die Stichwahl genügend
weitere Stimmen für einen Sieg zu mobilisieren. Beobachter schreiben
das überraschend gute Ergebnis der Sozialisten vor allem der
persönlichen Beliebtheit Parwanows zu.
Stojanow glaubt an Wahlsieg
Stojanow dagegen dürfte sein Wählerreservoir noch nicht voll
ausgeschöpft haben. Der 58-Jährige tritt als unabhängiger Kandidat
an, wird jedoch von der Bewegung des Regierungschefs Simeon
Sakskoburggotski, des früheren Königs Simeon II., unterstützt. Auch
die konservative Allianz Vereinigte Demokratische Kräfte, die bis
Juli die Regierung stellte, warb für ihn. Stojanow selbst erklärte
das Ergebnis mit den Enttäuschungen der Wähler, die sich in den
Jahren nach der Wende angehäuft hätten. Er rief seine Anhänger auf,
nicht zu verzagen. Es gebe keinen Grund zu Pessimismus: "Wir werden
gewinnen."
Wahlkampf dürfte Wähler verstört haben
Beobachter werteten die schwache Beteiligung auch als Denkzettel
für Regierungschef Sakskoburggotski. Viele hätten nach der Wahl des
Ex-Königs im Juli "Wunder" erwartet, sagte der Politologe Ognian
Mintschew. Laut der linksgerichteten Zeitung "Republik" fühlen sich
zahlreiche Bürger betrogen. Die Tageszeitung "Trud" warf
Sakskoburggotski vor, Stojanow nicht hinreichend unterstützt zu
haben. Im Gegenteil habe der Regierungschef gezeigt, wie sehr ihn die
Wahlen gelangweilt hätten. Laut der Zeitung "Standard" weilte der
frühere Monarch am Wahltag in Budapest. Viele Wähler waren vermutlich
auch von dem erbitterten Wahlkampf abgestoßen, der von
wechselseitigen Korruptionsvorwürfen geprägt gewesen war.
Wegen erheblicher technischer Probleme musste die Bekanntgabe der
offiziellen Ergebnisse auf Montagabend verschoben werden. In mehreren
Wahllokalen fehlten die Passwörter für die Computer, deren Software
vorher nicht getestet worden war. Teilweise musste per Hand
ausgezählt werden.(APA)