Technik
Großversuch in Kassel gestaltet sich komplizierter als erwartet
Kassel - Sind kompostierbare Verpackungen eine realistische Alternative zu herkömmlichen Einkaufssackerln und Joghurtbechern aus Plastik? In einem noch bis März 2002 laufenden Großversuch in Kassel machen Hersteller, Händler und Kunden den Test. Doch große Worte und viele Hoffnungen sind zur Halbzeit ein Stück weit der Ernüchterung gewichen. Neben vielen kleinen Erfolgen stehen Probleme, die die innovativen Produkte zeitweise fast ganz aus den Regalen verschwinden ließen.
Zum Auftakt vor sechs Monaten hatten die Initiatoren vor Selbstbewusstsein gestrotzt: Weltweit einzigartig sei dieser Praxistest, auf dem Spiel stehe "ein Stück Zukunft". Das von vier großen Handelsketten und rund 20 Unternehmen der Chemie- und Verpackungsindustrie unterstützte Projekt ist ehrgeizig angelegt. In rund 80 Supermärkten und Einzelhandelsgeschäften der hessischen Großstadt sollte eine stetig wachsende Zahl der mit Erdäpfel- oder Maisstärke hergestellten Verpackungen erhältlich sein.
Doch schon bald offenbarten sich technische Schwierigkeiten mit den biologisch abbaubaren Werkstoffen. Schalen für Obst oder Feinkost waren nicht in ausreichender Menge oder geeigneter Form verfügbar, Folien harmonierten nicht mit den Abpackmaschinen oder Joghurtbecher zerschmolzen in der Hitze der Sterilisation. Viele der Verpackungen erreichten entgegen den ursprünglichen Versprechungen der Industrie erst Monate nach Projekt-Auftakt die Marktreife.
Projektleiter Martin Lichtl bezeichnet es schon als Leistung des Praxistests, die Aufmerksamkeit auf diese Defizite gelenkt zu haben. "Das hat dazu geführt, dass eine Heerschar von Ingenieuren nach Lösungen sucht - unter dem Zeitdruck des Projekts geht das alles viel schneller als sonst." Allen Schwierigkeiten zum Trotz würden sich namhafte Hersteller von Markenartikeln für die ökologischen Verpackungen interessieren. (APA/dpa)