Belgrad/Wien - Ein Jahr nach dem Sturz des Milosevic-Regimes befinden sich nach wie vor über hundert kosovo-albanische politische Gefangene in serbischen Gefängnissen. Belgrad besteht jedoch auf einen Austausch der Albaner gegen 40 Serben, die von internationalen Richtern der UNMIK-Mission im Kosovo wegen Kriegsverbrechen verurteilt wurden - auch wenn im vergangenen Februar sowohl das serbische als auch das jugoslawische Parlament ein Amnestiegesetz erlassen hätten, berichtete das Institute of War and Peace Reporting (Onlineausgabe) am Donnerstag. Die albanischen politischen Gefangenen wurden wegen Terrorismus verurteilt. Die Direktorin des Menschenrechtszentrums in Belgrad Natasa Kandic, behauptet aber, die Verfahren seien nicht fair verlaufen. Es sei zu wenig Beweismaterial vorgelegen und entlastende Zeugen nicht angehört worden. Kandic sprach sich gegen einen Austausch von Kriegsverbrechern gegen politische Gefangene zurück. Die Serben seien wegen Kriegsverbrechen von internationalen Richtern im Kosovo, "die weder politisch noch ethnisch motiviert seien können" verurteilt worden. Deshalb hätten die Serben ein gerechtes Verfahren erhalten. Bei den albanischen Gefangenen hingegen handle es sich um Kriegsgefangene, die sich keines Verbrechens schuldig gemacht hätten. Sie sollten daher aus rein humanitären Gründen freigelassen werden. Haftbedingungen gebessert Kandic, die die politischen Gefangenen in serbischen Gefängnissen besuchte, erklärte, die Haftbedingungen hätten sich seit dem Regierungswechsel gebessert. Ein albanischer Inhaftierter erklärte, unter dem ehemaligen jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic seien die Gefangenen bis zu dreimal täglich geschlagen worden. Diese Praxis sei zwar gestoppt worden, doch die Gefangenen seien noch immer in kleinen Zellen eingepfercht und hätten täglich nur 40 Minuten Bewegungsmöglichkeiten. Die serbischen Behörden behaupten, dass es sich bei den im Kosovo inhaftierten Serben um politische Gefangene handle. Nur albanische Zeugen seien bei dem Verfahren zugelassen worden, erklärte Vladimir Bozovic vom serbischen Koordinationsteam für den Kosovo. Die serbischen Behörden hatten die UNMIK Ende Oktober aufgefordert, alle im Kosovo inhaftierten Serben zu amnestieren. 1.500 bis 2.000 Serben gelten im Kosovo noch als vermisst. Ihre Familien sprachen sich gegen die Amnestie für Kosovo-Albaner aus und wollen Belgrad dazu bringen, die UNMIK in die Suche nach den Vermissten einzubinden. Die Familienangehörigen glauben, die Vermissten würden in privat geführten Gefängnisse im Kosovo und im Norden Albaniens inhaftiert sein. (APA)