Seit den Attentaten vom 11. September haben die Ermittler in Amerika 1147 Personen verhaftet oder vorübergehend festgehalten. Das Justizministerium verrät nicht, wie viele der Festgenommenen sich noch in Haft befinden oder erneut in Freiheit sind. Die meisten stammen aus dem Nahen Osten, aus Nordafrika und Südasien: Ägypter, Saudis, Pakistaner, Iraker, Marokkaner, Jemeniten, Tunesier, Jordanier und Inder.

Es ist die größte Welle von Verhaftungen von Einwanderern seit den frühen 80er-Jahren, als die USA Tausende von kubanischen Flüchtlingen temporär festhielten. Sprecher der Justizbehörden schweigen sich über die Festgenommenen weitgehend aus.

Medienberichten zufolge lassen sie sich in drei Kategorien einteilen: einen relativ kleinen Kern von "heißen" Verdächtigen, einen unwesentlich größeren Kreis von möglichen Komplizen und einen großen Rest von Personen, die in erster Linie Einwanderungsbestimmungen verletzt haben. Unter dem rund einem Dutzend "heißer" Fälle befinden sich zum Beispiel die beiden Inder Mohammed Jaweed Azmath und Ayub Ali Khan, die am 12. September in einem Zug in Texas festgenommen wurden und Kartonmesser mit sich trugen, wie sie die 19 Flugzeugentführer tags zuvor benutzt hatten. Alle "heißen" Verdächtigen haben sich jedoch bisher anscheinend ausgeschwiegen.


Folter als Ausweg?

Dieser Umstand hat in US-Medien erste Diskussionen ausgelöst, ob der Staat nicht allenfalls zu Folter Zugriff nehmen müsse, um allenfalls weitere Attentate zu vermeiden. Im Wall Street Journal etwa erinnerte ein Historiker an den Fall eines verurteilten Terroristen, den die Behörden der Philippinen zuvor gefoltert hatten. Abdul Hakim Murads Aussage verhinderte in der Folge Anschläge auf elf US-Passagierflugzeuge. "Man wundert sich natürlich, was geschehen wäre, falls Murad in Amerika festgehalten worden wäre", schrieb Jay Winik.

Noch finden sich unter Kommentatoren nur vereinzelt Stimmen, die direkt der Folter das Wort reden. Die meisten beschränken sich darauf, das Thema zur Diskussion zu stellen, eine Diskussion, die den Beteiligten zufolge in Bars und an Stammtischen schon lange entbrannt ist. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International (AI) oder Human Rights Watch zeigen sich noch nicht allzu beunruhigt über den Stand der öffentlichen Debatte zum Thema. Schließlich sei es nicht die Regierung, die den Einsatz von Folter fordere, sondern Journalisten. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 9.11.2001)