Lüneburg - Dreieinhalb Jahre nach dem katastrophalen Zug-Unglück von Eschede (Niedersachsen) mit 101 Todesopfern ist erstmals Anklage erhoben worden. Die Lüneburger Staatsanwaltschaft wirft zwei Bahnmitarbeitern und einen Angehörigen des Herstellerwerks der Unglücksreifen fahrlässige Tötung in 101 Fällen und fahrlässige Körperverletzung in 105 Fällen vor. Oberstaatsanwalt Jürgen Wigger sagte am Freitag, die Ermittler gingen weiterhin davon aus, dass ein gebrochener Radreifen Ursache des Unglücks vom 3. Juni 1998 war. ICE war auf dem Weg von München nach Hamburg nach einem Radreifenbruch entgleist "Die drei Beschuldigten hätten dafür Sorge tragen müssen, dass ein technisch zulässiges, deutlich höheres Betriebsgrenzmaß, bis zu dem der Radreifen hätte abgefahren werden dürfen, beachtet wird", sagte Wigger. Die Männer hätten sich noch nicht zu den Vorwürfen geäußert. Der ICE war auf dem Weg von München nach Hamburg nach einem Radreifenbruch entgleist. Bei Eschede prallte er an einen Brückenpfeiler. Beschuldigte Bei den Beschuldigten handelt es sich um einen pensionierten 66 Jahre alten Abteilungspräsidenten im ehemaligen Bundesbahnzentralamt in Minden und einen 56 Jahre alten Bundesbahnoberamtsrat aus derselben Dienststelle. Die beiden waren für die sicherheitstechnische Beurteilung und Bauartzulassung von Radsätzen verantwortlich. Ihnen wirft die Staatsanwaltschaft vor, das so genannte Betriebsgrenzmaß des Radreifens beim "ICE 884 Wilhelm Conrad Röntgen" auch nach dem damaligen Stand der Technik "nicht vertretbar festgesetzt" zu haben. Auf der Anklagebank wird als dritter ein 54 Jahre alter Abteilungsleiter der ehemaligen "Vereinigten Schmiedewerke" in Bochum sitzen. Der Ingenieur war für die Festigkeitsberechnungen und deren Bewertung bei den Radreifen verantwortlich. (APA/dpa)