Antibiotika: 60 Jahre im Wettlauf gegen sich anpassende Bakterien
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Wien - Wenn heutzutage die Einnahme von
Antibiotika manchmal kritisch hinterfragt wird, hilft ein Blick
zurück in die Geschichte: Mit der Entdeckung des Penicillins durch
Sir Alexander Fleming im Jahr 1928 und seiner Entwicklung zum
Medikament stand der Menschheit erstmals ab 1941 ein Mittel gegen
lebensgefährliche bakterielle Infektionen zu Verfügung. Ähnliches war
der Fall mit den vom deutschen Wissenschafter Gerhard Dogmagk
erzeugten Sulfonamiden (1933).
Viele Millionen Menschen verdanken seither ihr Leben diesen und
ähnlichen Medikamenten. Das "Wunder" wurde zur Routine. Doch der
Kampf gegen die Krankheitskeime ist nie endgültig gewonnen. Er ist
ein ständiger Wettlauf zwischen menschlichem Erfindungsgeist und der
evolutionären Anpassungsfähigkeit der Bakterien.
Von der Definition her sind "Antibiotika" Substanzen, die
Bakterien in ihrem Stoffwechsel behindern oder sie abtöten. Heute
kennt die Wissenschaft - so eine Aussendung der Biochemie GmbH
anlässlich der Eröffnung ihres neuen Antibiotika-Forschungsinstitutes
(ABRI) in Wien - bereits mehrere Tausend antibiotisch wirksame
Substanzen. Die Praxis konzentriert sich auf einige Dutzend Moleküle,
die sich im medizinischen Alltag voll bewährt haben.
"Fasziniert"
Antibiotika haben die Bekämpfung von Infektionskrankheiten ähnlich
revolutioniert wie Impfungen. "Das Faszinierende an Antibiotika ist,
dass sie zu den ganz wenigen Pharmazeutika gehören, die eine
vollständige und rasche Heilung bewirken. Man nimmt das passende
Antibiotikum in der richtigen Dosierung und ausreichend lange ein -
und am Ende steht zu einem hohen Anteil die völlige Ausheilung der
Infektion", erklärte dazu Dr. Hans Peter Kluza, Leiter der Abteilung
Medizin der Biochemie GmbH in Kundl.
Resistenzen als Problem
Freilich, ein zunehmendes Problem stellen Keime dar, die gegen
einzelne oder mehrere Antibiotika resistent geworden sind. Diese
Resistenzen entstehen durch die Anwendung im Einzelfall ungeeigneter
Medikamente, durch Unterdosierung und/oder zu kurze Einnahme.
Außerdem können Hygiene-Mängel in der medizinischen Praxis
(Ordination, Krankenhäuser) die Entwicklung und die Verbreitung
solcher Krankheitserreger begünstigen. Zunehmend diskutiert wird der
Einfluss von antibiotischen Substanzen als reine Wachstumsförderer in
der Intensiv-Tierzucht. Mittlerweile wurde jedoch in der EU der
Einsatz bestimmter Mittel untersagt.
Die wichtigsten Kategorien von Antibiotika
:
Penicilline: Penicillin, Amoxi-, Ampi- und Oxacillin. Während
Penicillin natürlich aus Pilzorganismen hergestellt wird, handelt es
sich bei Amoxicillin und Ampicillin um halbsynthetische Penicilline.
Der Wirkungsmechanismus der Penicilline bzw. Beta-Laktam-Antibiotika:
Sie hemmen die Synthese der Außenwand der Bakterien. Die Keime
zerplatzen.
Cefalosporine: Hier werden Substanzen der 1. bis 4. Generation
unterschieden (z.B. Cefazolin - 1. Generation; Ceftriaxon - 3.
Generation etc.).
Zu den Beta-Laktam-Antibiotika gehören auch die Carbapeneme. Sie
eignen sich besonders für die Behandlung von schweren
Spitalsinfektionen (Hospitalismus)
Aminoglykoside: Vor allem Amikacin, Gentamicin. Zum Teil handelt
es sich bei den Antibiotika aus dieser Gruppe bereits um
"Reserveantibiotika", die dann eingesetzt werden, wenn andere Mittel
nicht helfen. Die Substanzen hemmen die Eiweißproduktion der Keime.
Fluorchinolone: Diese Breitbandantibiotika wurden in den
siebziger Jahren entwickelt. Es gibt zahlreiche verschiedene
Substanzen. Am bekanntesten ist Ciprofloxacin. Das Wirkprinzip:
Blockade des Aufbaus der Erbsubstanz der Keime und somit Verhinderung
der Vermehrung.
Glykopeptid-Antibiotika: Beispiele sind Teicoplanin und
Vancomycin. Sie werden vor allem zur Behandlung multiresistenter
Staphylokokken bzw. bei sehr schweren Infektionen verwendet.
Makrolide: Erythromycin, Azithromycin, Josamycin - auch das sind
häufig angewendete Antibiotika, die beispielsweise auch eine
Alternative zu Penicillinen bei einer vorhandenen Allergie darstellen
können. Diese Medikamente legen die "Eiweißfabriken" (Ribosomen) der
Keime lahm.
Tetracycline: Tetracyclin, Doxycyclin: Diese Substanzen werden
als "klassische Breitbandantibiotika" bezeichnet, weil sie
prinzipiell eine Vielzahl von Bakterien "angreifen". Auch gegen
manche andere nicht-virale Krankheitserreger (Protozoen) wirken sie.
Ein Problem stellen resistente Keime dar. Der Effekt der Tetracycline
beruht auf der Hemmung der Proteinsynthese der Erreger.
Chloramphenicol, Fosfomycin, sind weitere Antibiotika, zum Teil
für spezielle Anwendungsgebiete. Fosfomycin beispielsweise erlebt
derzeit eine "Renaissance" als Medikament zur Behandlung von schweren
Infektionen in schlecht durchblutetem Gewebe ("diabetischer Fuß").
Neuere Antibiotika: In den vergangenen Jahren sind als mögliche
Antwort auf das vermehrte Auftreten von resistenten Keimen (besonders
in Krankenhäusern) einige wenige neue Antibiotika in die Therapie
eingeführt worden: beispielsweise aus der Klasse der Streptogramine
und der Oxazolidinone.
(APA)
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