Der heurige Winter scheint der heimischen Tourismuswirtschaft volle Betten zu bescheren. Damit wird die Fremdenverkehrsbranche derzeit zu einem der wenigen Lichtblicke im düsteren Konjunkturtal. Vor allem viele Österreicher machen heuer wieder Urlaub im eigenen Land, statt eine Fernreise etwa in die Karibik oder nach Thailand zu buchen. Und der Sportartikelhandel hofft, sich von dem Trend eine ordentliche Scheibe abschneiden zu können. Immerhin ist ein Skiurlaub deutlich materialintensiver als ein Badeurlaub. Der neue Österreich-Boom kommt gerade recht. Denn nur volle Betten über eine ganze Saison bedeuten im Schnitt auch volle Kassen. Abgesehen von wenigen Luxusbetrieben in Nobelorten wie den Arlberg-Gemeinden oder Kitzbühel leidet der Fremdenverkehr unter gewaltigen finanziellen Problemen, wie etwa einer negativen Eigenkapitalquote, sprich: Die Bankschulden sind höher als die Eigenmittel. Das Klischee vom reichen Hotelier stimmt nur in den wenigsten Fällen. Die Betriebe mussten in Hallenbäder, Saunabereiche und Freizeitangebote investieren, um konkurrenzfähig zu bleiben. Und Klimaforscher prophezeien, dass die Gebiete, die über den Winter eine ausreichende Schneedecke haben, immer weniger werden. Die Seilbahnbetreiber haben deswegen Milliarden in neue Beschneiungsanlagen investiert. Blieben nun nach dem ganzen Aufwand dennoch die Gäste aus, bedeutete dies für eine der wichtigsten Einnahmequellen Österreichs eine Katastrophe. Dazu kommen noch neue Eigenmittelvorschriften für die Banken, die es für so manchen Betrieb unmöglich machen werden, weitere Kredite zu bekommen. Deshalb ist zu hoffen, dass die Branche trotz Nächtigungsrekorden an den Strukturschwächen arbeitet. Denn Trends können auch wieder drehen. (DER STANDARD, Printausgabe, 10.11.2001)