Leipzig/München - Kurz vor einem Treffen mit Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat Literaturnobelpreisträger Günter Grass deutliche Kritik am Krieg gegen Afghanistan geäußert. Die Antwort auf den Terror sei nicht im Militärischen zu finden, sagte Grass der "Leipziger Volkszeitung" (Samstag-Ausgabe). "Militärschläge dieser Art erreichen in ihrer Hilflosigkeit und Ziellosigkeit, deren Opfer wiederum in erster Linie Zivilisten sind, das Gegenteil dessen, was man anstrebte. Ich fürchte, dadurch wird der Terrorismus gestärkt." Es sei gut, dass sich Schröder bei seinem Treffen mit Intellektuellen an diesem Samstagabend kritischer Haltung aussetzen werde, sagte Grass. Der Schriftsteller kritisierte auch die Pläne von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) zur Erhöhung der inneren Sicherheit. Grass erklärte, "dass wir, indem wir unsere rechtsstaatliche Position schmälern, quasi das Geschäft der Terroristen betreiben". Gewicht und Erfahrung in die Waagschale Das Goethe-Institut Inter Nationes in München setzt mit Blick auf die Terroranschläge in den USA vermehrt auf einen Dialog der Kulturen. Zwar könne man einen fanatischen Verbrecher nicht mit einer Einladung zum Gespräch aufhalten, sagte der neue Inter Nationes-Generalsekretär Joachim-Felix Leonhard. "Aber darum geht es nicht, sondern um die Vertiefung des Austauschs mit denjenigen, die gesprächswillig sind und die wir nicht enttäuschen dürfen", betonte er. "Deshalb wollen wir unser Gewicht und unsere besondere Erfahrung verstärkt in die Waagschale werfen." Das Goethe-Institut mit weltweit 350 kulturellen Zentren verfügt nach Angaben Leonhards über die heute gefragteste Kompetenz, die Erfahrung des praktischen Kulturdialogs. Darüber hinaus besitze es in langjähriger Zusammenarbeit gewachsene Kontakte zu Künstlern und Intellektuellen in der islamischen Welt, die als Eliten ihrer Länder auf die dortige Öffentlichkeit einwirkten. "Wir sind seit Jahrzehnten in diesem Geschäft erfolgreich, ein Geschäft, das oft kleinteilig und wenig spektakulär ist, aber den Rohstoff erzeugt, um den es jetzt mehr denn je geht: gute Verständigungsverhältnisse zwischen den Kulturen", sagte Leonhard. Um diese Vorstellungen zu verwirklichen, muss nach Angaben des Generalsekretärs jedoch das Netzwerk in den betroffenen Ländern wie Iran, Pakistan und im arabischen Raum verbessert werden. Dabei dürfe die Programmoffensive keine Einbahnstraße von Deutschland in die Welt sein. "Auch wir hier in Deutschland müssen mehr erfahren über Kultur und Gesellschaft der islamischen Welt", sagte der 55-jährige Historiker. Das Stichwort "Zweibahnstraße" gelte aber auch fürs Inland. "Als nationale Kulturinstitution haben wir eine Bringschuld auch gegenüber dem eigenen Land, die bisher zu kurz gekommen ist." So soll das Goethe-Forum als Programmveranstalter vor allem auch als Spiegel der Auslandsarbeit stärker auftreten. "Und zwar nicht nur in München, sondern deutschland- und europaweit", sagte Leonhard. Für diese Aufgaben brauche das Goethe-Institut das Vertrauen und die finanzielle Unterstützung des Gesetzgebers. Die Einrichtung habe seit 1994 drastische Hungerkuren absolviert, zuletzt durch das Sparpaket des Finanzministers, "das uns von 1999 bis 2003 eine Kürzung von über zwölf Prozent bescherte". (APA/dpa)