International
NYT: Chemiewaffen-Labors in Afghanistan
Gefährliches Cyanid produziert
Washington - Nach Informationen der "New York Times" haben die
US-Geheimdienste zwei möglicherweise zur Herstellung von Chemiewaffen benutzte
Labore in Afghanistan ausfindig gemacht. Das Blatt berichtete am Sonntag, in einer
der beiden Anlagen habe die in Afghanistan operierende El-Kaida- Organisation des
Extremisten Osama bin Laden eventuell schon das gefährliche Cyanid produziert.
Bei dem Labor handele es sich um eine primitive Fertigungsanlage in Derunta, einem
kleinen Ort nahe der ostafghanischen Stadt Jalalabad. Bei der anderen verdächtigen
Anlage handele es sich um eine Düngemittelfabrik in der von der Nordallianz
eroberten Stadt Mazar-i-Sharif.
Journalisten hätten beim Geheimdienst CIA, beim Verteidigungsministerium und im
Präsidialamt in Washington nachgefragt, weshalb die Anlagen bisher von den
Bombardierungen ausgespart worden seien, aber keine Antwort erhalten.
Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums wollte nicht ausschließen, dass die
Extremisten Bin Ladens schon mit Chlorinen und Phosgenen und möglicherweise
auch mit Cyanid experimentiert hätten. Einem pakistanischen Journalisten soll Bin
Laden, der von den USA als Drahtzieher der Anschläge von New York und Washington
verdächtigt wird, kürzlich gesagt haben, seine Leute könnten auch atomare und
chemische Waffen gegen die USA einsetzen. Experten bezweifelten dies.
Geheimdienstliche Experten hätten erklärt, ein Einsatz von Cyanid als Terrorwaffe wäre
technisch sehr schwierig. Der Transport bereite Probleme, und das Gas verflüchtige
sich an der Luft rasch, berichtete die Zeitung weiter.
Cyanide sind Salze der Blausäure (HCN) wie etwa Zyankali. Blausäure, eine
Verbindung aus Kohlenstoff, Stickstoff und Wasserstoff, verdampft bei 25,7 Grad
Celsius. Das nach Mandeln riechende Gas blockiert die Atmungsenzyme, der Tod tritt
durch Ersticken ein. HCN wurde von den Nationalsozialisten in Form von "Zyklon B" bei
der Ermordung von Juden in den Gaskammern der Konzentrationslager eingesetzt.
(APA)