Ökologie
SPÖ lehnt Veto-Politik ab
Gusenbauer wirft Regierung Doppelmoral vor
Wien - Die SPÖ vertrete weiter den Standpunkt, dass es keine Veto-Politik gegenüber
Tschechien geben dürfe, aber das Energiekapitel mit dem EU-Beitrittsland auch nicht
abgeschlossen werden dürfe, bis wesentliche Sicherheitsfragen der österreichischen
Bevölkerung zum tschechischen AKW Temelin nicht beantwortet sind. Dies erklärte
SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer am Sonntag vor Journalisten in Wien am Rande
einer Konferenz der zentraleuropäischen sozialdemokratischen Parteivorsitzenden
und fügte hinzu, dass es darin auch keinen Widerspruch gebe, denn schließlich gehe
es um die "Substanz der Fragen". Der österreichischen Bundesregierung warf
Gusenbauer "Doppelmoral" vor.
Diese Doppelmoral müsse die Regierung rasch aufgeben und die österreichische
Bevölkerung wolle endlich die konkreten Ergebnisse des Melker Prozesses erfahren.
Noch kein Vertreter der Regierung hätte bisher die Öffentlichkeit über die
Verhandlungsergebnisse informiert und die Bevölkerung wolle endlich wissen, wie
ihre Sicherheitsbedenken gelöst werden. Aus der Sicht der tschechischen Kollegen
seien die Sicherheitsfragen der österreichischen Bevölkerung bereits beantwortet.
"Nur wir wissen nicht, was und wie die Ergebnisse sind", so Gusenbauer. Österreich
sei jedenfalls nicht gegen Tschechien oder gegen den Betritt dieses Landes zur EU,
betonte Gusenbauer, sondern es gehe um "berechtigte Ängste über die Kernenergie".
Sicherheitsfragen
Dafür, dass nach einer Studie auch immer mehr SPÖ-Wähler für eine Veto-Politik
Österreichs gegen Tschechien eintreten würden, zeigte Gusenbauer "Verständnis".
Die Menschen würden in einer Veto-Drohung das einzige Mittel zur Beantwortung ihrer
Sicherheitsbedenken sehen, weil sie eben auch zu wenig informiert seien, sagte
Gusenbauer. Es gehe tatsächlich um wesentliche Sicherheitsfragen und die
Österreicher wären vor allem an der Substanz dieser Fragen interessiert, fügte der
SPÖ-Vorsitzende hinzu. Eine wesentliche Frage sei, ob Temelin mit anderen
Kernkraftwerken an der österreichischen Grenze vergleichbar ist, oder ob dieses eine
größere Gefahr darstelle als andere Kraftwerke. Die zweite Frage beruhe auf einer
generellen Ebene und handle allgemein über das Thema Kernenergie. Gusenbauer
setzte sich hier erneut für eine gesamteuropäische Initiative ein, die eine "Zukunft ohne
Kernkraft und ohne Kernenergie" zum Ziel hat.
Gusenbauer sieht auch reelle Chancen in der von der SPÖ schon lange geforderten
Initiative Österreichs für einen EU-weiten Kernkraft-Ausstieg. Er erinnerte daran, dass
schon neun der 15 EU-Mitgliedsstaaten entweder keine Atomkraftwerke oder den
Ausstieg beschlossen hätten. (APA)