1869 - 1892 Am 13. November 1869 wird Helene Stöcker als älteste Tochter einer Textilfabrikantenfamilie in Elberfeld/Deutschland geboren. Zwischen 1879 und 1889 besucht sie die Städtische Höhere Töchterschule in Elberfeld. 1892 - 1894 1892 tritt sie in ein Berliner Lehrerinnenseminar ein. In dieser Zeit kommt sie - angeregt durch Bertha von Suttners "Die Waffen nieder!" - erstmals mit pazifistischem Gedankengut in Berührung, worauf sie sich der von Suttner gegründeten Deutschen Friedensgesellschaft anschließt. 1893 legt sie das Lehrerinnenexamen für höhere Mädchenschulen ab. Unter dem Titel "Die moderne Frau" veröffentlicht sie in der Zeitschrift "Freie Bühne" ihren ersten Aufsatz. Darin entwickelt sie das Leitbild der selbstbewussten, wirtschaftlich unabhängigen und dem Mann in keiner Weise untergeordneten Frau. 1894 - 1897 Besuch eines Gymnasialkurses unter der Leitung von Helene Lange. An der Berliner Universität, an der Frauen als Gasthörerinnen zugelassen waren, belegt Stöcker Veranstaltungen in den Fächern Literaturgeschichte, Philosophie und Nationalökonomie. Daneben gründet sie den "Verein Studierender Frauen" und hält dort einen Vortrag über das Thema "Friedrich Nietzsche und die Frauen". Die Auseinandersetzung mit dessen Philosophie hat entscheidenden Einfluss auf die später von Stöcker entwickelte Theorie einer "neuen Ethik". 1897 - 1899 Als Hilfskraft des Philosophen Wilhelm Dilthey arbeitet sie an einer Biografie Friedrich Schleiermachers mit. Am 18. Mai 1898 hält sie ihre erste öffentliche Rede im Rahmen einer Protestversammlung des "Vereins Frauenbildung - Frauenstudien", wo sie die freie Zugangsberechtigung zu Bildungseinrichtungen sowie die staatsbürgerliche Gleichstellung von Frauen fordert. Sie gehört zu den Mitbegründerinnen des "Verbands fortschrittlicher Frauenvereine". 1898/99 setzt Helene ihr Studium in Glasgow fort. 1900 - 1905 1900 übersiedelt sie nach Bern, um dort ihr Studium abzuschließen. Ein Jahr später promoviert sie an der Universität Bern über das Thema "Zur Kunstanschauung des XVIII. Jahrhunderts. Von Winckelmann bis Wackenroder". Von 1901 bis 1905 ist sie als Dozentin an der Lessing-Hochschule in Berlin tätig. Am 1. Jänner 1902 gehört sie neben Minna Cauer, Lida Gustava Heymann und Anita Augspurg zu den Mitbegründerinnen des "Verbands für Frauenstimmrecht". 1903 übernimmt sie die Redaktion der Zeitschrift "Frauenrundschau". Zusammen mit Vertreterinnen der proletarischen Frauenbewegung wie Lily Braun und Henriette Fürth gründet Stöcker 1905 den "Bund für Mutterschutz und Sexualreform", der zum Ziel hat, die Vorurteile gegenüber ledigen Müttern und deren Kindern abzubauen und auf eine Verbesserung ihrer rechtlichen und sozialen Lage hinzuwirken. In diesem Jahr lernt Helene Stöcker den Berliner Rechtsanwalt Bruno Springer kennen, mit dem sie eine Lebensgemeinschaft bis zu seinem Tod eingeht. 1905 - 1918 Ab 1905 gibt sie die Zeitschrift "Mutterschutz" heraus, die ab 1908 "Die neue Generation" heißt. Darin propagiert sie ihre Vorstellungen einer "neuen Ethik", deren Grundlage das Selbstbestimmungsrecht der Frau über ihren Körper und ihre Sexualität bildet. Ihrer Ansicht nach stellt nicht die Ehe, sondern Liebe die einzig legitime Basis jeder sexuellen Beziehung dar. Auf Anregung Stöckers diskutiert im Jahr 1908 die Generalversammlung des Bunds Deutscher Frauenvereine (BDF), die Straffreiheit von Abtreibungen und eine Streichung des § 218 zu fordern. Der Vorschlag wird von der Mehrheit der Delegierten abgelehnt. 1910 nimmt Stöcker am Internationalen Neomalthusianer-Kongress in Den Haag teil, auf dem Möglichkeiten der Regelung und Beschränkung von Geburten diskutiert werden. Sie vertritt in einem Vortrag das Recht der Frau auf Empfängnisverhütung. Im Ersten Weltkrieg entwickelt sich Stöcker zur radikalen Pazifistin. 1915 nimmt sie als Delegierte am "Internationalen Frauenkongress für einen dauernden Frieden" in Den Haag teil. 1919 - 1926 Teilnahme an der Internationalen Frauenfriedenstagung in Zürich und der Gründung der "Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit". 1921 gehört Stöcker zu den BegründerInnen der "Internationale der Kriegsdienstgegner" in Bilthoven (Niederlande). 1922 publiziert sie ihren einzigen Roman "Liebe", der stark autobiografische Züge trägt und die Moralvorstellungen Stöckers zum Ausdruck bringt. Zwischen 1922 und 1932 ist sie Vorstandsmitglied der "Deutschen Liga für Menschenrechte". 1923 Mitbegründerin der "Gesellschaft der Freunde des neuen Rußland". 1925 nimmt Stöcker an der VI. Internationalen Konferenz für Geburtenregelung in New York teil. 1926 schließt sie sich der "Gruppe Revolutionärer Pazifisten" an, die in ihrem Programm die kapitalistische Gesellschaftsordnung als Hauptquelle des Kriegs bezeichnet. 1927 - 1942 Anlässlich der Feierlichkeiten zum 10. Jahrestag der Oktoberrevolution reist sie in die Sowjetunion und trifft dort mit Clara Zetkin zusammen. 1928 nimmt sie am 2. Internationalen Kongress für Sexualreform in Kopenhagen teil. Im Zusammenhang mit Stöckers 60. Geburtstag am 13. November 1929 erscheint eine Festschrift, die ihr Wirken für die Emanzipation der Frau, besonders auf dem Gebiet des Mutterschutzes, und ihr Engagement für den Frieden würdigt. Aus Anlass des 25jährigen Bestehens des "Bunds für Mutterschutz" wird Stöcker 1930 zur Ehrenvorsitzenden ernannt. 1931 stirbt ihr Lebensgefährte Bruno Springer. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 emigriert Stöcker nach Zürich. Aus einer Akte der Geheimen Staatspolizei von 1937 geht hervor, dass ihr die Reichszugehörigkeit und die Doktorwürde aberkannt wurden. Die Nationalsozialisten beschlagnahmten ihr Kontoguthaben und sorgten für die Vernichtung ihrer Manuskriptkisten. 1938 wird ihr die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt. 1940 Übersiedelung nach Schweden, ein Jahr später wandert Stöcker in die Vereinigten Staaten aus. Dort arbeitet sie intensiv an ihrer Autobiografie, die sie jedoch nicht mehr vollenden kann. Am 23. Februar 1943 stirbt Helene Stöcker in New York. (Quelle: Lemo-Biografie/dabu)