Belgrad - Der Präsident der Bürgerkammer des jugoslawischen
Parlamentes, Dragoljub Micunovic, hat sich für eine möglichst
schnelle gesetzliche Regelung der Zusammenarbeit mit dem UNO-Tribunal
für Kriegsverbrechen in Ex-Jugoslawien eingesetzt. Dies wäre im
Interesse aller, auch der Angeklagten, meinte Micunovic am Montag.
Dadurch könnte man nach Meinung von Micunovic auch Vorfälle
verhindern, wie jene nach der Festnahme von zwei bosnischen Serben
und ihre Überstellung an das Tribunal am verletzten Donnerstag.
Serbische Spezialpolizisten protestieren seit Freitag gegen gegen
die Festnahme und Auslieferung der Brüder Nenad und Predrag Banovic,
die wegen Kriegsverbrechen im Internierungslager Keraterm in
Bosnien-Herzegowina angeklagt sind. Über 100 Spezialpolizisten haben
am Montagmorgen die wichtigsten Verkehrswege in Belgrad mit 20
Panzerfahrzeugen blockiert. Die berüchtigten "Roten Mützen" sperrten
an der Save-Brücke alle Fahrspuren Richtung Stadtzentrum und lösten
damit stundenlange Staus aus.
Die serbische Regierung kam Montag Nachmittag zu einer
Sondersitzung zusammen, um die neu entstandene Situation zu
erörtern. Bei einem Treffen des serbischen Ministerpräsidenten Zoran
Djindjic am Sonntag mit Angehörigen der Spezialeinheit war keine
Einigung über deren Forderungen erzielt worden. Auch Innenminister
Dusan Mihajlovic hatte in den letzten Tagen keinen Kontakt zur
Polizeieinheit aufgenommen.
Die Demokratische Partei Serbiens des jugoslawischen Präsidenten
Vojislav Kostunica kritisierte am Montag die Festnahme der Brüder
Banovic und bezeichnete sie als gesetzeswidrig. Der Bürgermeister von
Kula, Zeljko Dvorak, ließ indessen wissen, dass die Stadtverwaltung
die Versetzung des Stützpunktes der Spezialpolizeieinheit beantragen
werde, solle die Sicherheit der Stadteinwohner durch ihre Präsenz
bedroht werden.
Das Auftauchen der Spezialpolizisten, die zuletzt während der
Massendemonstrationen gegen den damaligen jugoslawischen Präsidenten
Slobodan Milosevic voriges Jahr in Belgrad gesehen worden waren,
sorgte für Aufsehen in der Hauptstadt. Die Spannung ließ nach,
nachdem sich Menschen unter Spezialpolizisten gemischt haben.
Die Spezialpolizisten fühlen sich getäuscht, da sie die Festnahme
der Banovic-Brüder vorgenommen haben, ohne vom Geheimdienstchef
darüber informiert worden zu sein, dass es sich um Kriegsverbrecher
handelt. Die Polizeieinheit teilte am Freitag mit, keine Festnahmen
mutmaßlicher Kriegsverbrecher mehr vornehmen zu wollen, solange es
keine gesetzliche Grundlage dafür gebe, da dies verfassungswidrig
sei. Auch der Rücktritt von Innenminister Dusan Mihajlovic wurde
gefordert.
Der Chef des Staatssicherheitsdienstes, Goran Petrovic, hatte am
Samstag den Protest der Spezialpolizeieinheit einer "Manipulation"
zugeschrieben. Angeblich sollen die "Roten Mützen" besorgt sein,
selbst an das Haager Tribunal überstellt zu werden. Die
Spezialpolizeieinheit hatte eine äußerst aktive Rolle in den Kriegen
in Kroatien, Bosnien, aber auch im Kosovo gespielt. Ihr jetziger
Befehlshaber ist ein kroatischer Serbe.(APA)