Wien - "Handgranaten gehören nicht unbedingt zu jenen Gegenständen, die in Wien an jeder Ecke angeboten werden. Auch nicht in kriminellen Kreisen." Der Tod des 17-jährigen Asylwerbers aus Simbabwe, der vergangenen Sonntag in einem Wohnheim in Wien-Favoriten durch unsachgemäßes Hantieren mit einer Handgranate ums Leben kam, bereitet Oberstleutnant Gerhard Haimeder vom Wiener Sicherheitsbüro einiges Kopfzerbrechen.Drogenbällchen im Mund des Toten Besonders heikel bewerten die Kriminalisten den Umstand, dass der junge Flüchtling zumindest in jüngerer Zeit als Kleindealer für Kokain unterwegs gewesen sei. Im Mund des Toten wurden Drogenbällchen gefunden. Auf diese Weise transportieren Straßenverkäufer ihren Stoff, um ihn bei Bedarf durch Schlucken schnell verschwinden lassen zu können. Die Polizei geht derzeit nicht davon aus, dass der 17-Jährige mit den Handgranaten - die zweite konnte nach der tödlichen Detonation entschärft werden - einen Anschlag vorgehabt haben könnte. Eher dürfte er die Sprengkörper als Zahlungsmittel für einen Deal erhalten haben. Und das wiederum ist Ansatz für weiterführende Ermittlungen. "Es gibt einen kleinen Schwarzmarkt für Kriegsmaterialien aus Ländern mit einer jüngeren bürgerkriegszerrütteten Vergangenheit", so Haimeder. Millionen Handgranaten gestohlen Laut "Wissenschaft und Friede", einer deutschen Zeitschrift für Friedensforschung, wurden allein 1997 nach Unruhen in Albanien 3,5 Millionen Handgranaten aus albanischen Kasernen und Polizeistationen gestohlen. Wie viele Handgranaten aus dem ehemaligen Jugoslawien kursieren, ist unbekannt. Jene, die den 17-jährigen Flüchtling tötete, war eine davon. Im Jahresbericht 2000 des heimischen Entminungsdienstes sind 420 Einsätze zur Entschärfung von Handgranaten angeführt. Als Reaktion auf den Todesfall im Asylwerberwohnheim in der Wiener Sonnwendgasse werden nun in allen Flüchtlingsunterkünften der Bundesbetreuung Sicherheitsvorkehrungen erhöht. Laut Peter Widermann, dem Vizechef der Fremdensektion im Innenministerium, gehörten dazu auch Maßnahmen gegen das "immer größer werdende Drogenproblem". (DER STANDARD Print-Ausgabe, 14.11.2001)