Valognes/Dannenberg - Nahezu ohne Störungen hat der zweite große Castor-Transport dieses Jahres am Montag Deutschland erreicht. Der Zug mit Atommüll überquerte kurz nach 14 Uhr die Grenze bei Lauterburg. Kurz zuvor hatte die Polizei einen Blockadeversuch von rund 20 Atomkraftgegnern auf deutscher Seite unterbunden. Im niedersächsischen Wendland rüsteten sich Tausende Demonstranten und rund 15.000 Polizisten für das Eintreffen des Zuges. Die Proteste waren zunächst noch deutlich verhaltener als früher.Zweistündige Unterbrechung Der am Sonntagabend um 19.30 Uhr gestartete Transport hatte am Vormittag nördlich von Straßburg für mehr als zwei Stunden seine Fahrt unterbrochen. Die deutschen Behörden wollten nicht, dass der Zug zu früh die Grenze passiert. Bei Hohenheim nahm die Polizei fünf Demonstranten fest, die sich an die Gleise ketten wollten. Die Waggons wurden im pfälzischen Wörth an deutsche Loks gekuppelt und sollten am späteren Nachmittag ihre Fahrt fortsetzen. In der Nacht zum Dienstag sollten die sechs Castor-Behälter in Dannenberg ankommen und mit Lastwagen in das Zwischenlager Gorleben transportiert werden. Entspannte Lage Die Polizei sprach von einer äußerst entspannten Lage im Landkreis Lüchow-Dannenberg. Es seien deutlich weniger Demonstranten erschienen als früher, sagte Polizeidirektor Hans Reime in Lüneburg: "Wir werden weniger Masse auf den Straßen vorfinden, aber mehr Militanz." Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, appellierte im Westdeutschen Rundfunk an die Demonstranten, keine Gewalt anzuwenden. Bis Montagnachmittag wur- den nach Polizeiangaben 106 Atomkraftgegner vorübergehend in Gewahrsam genommen. 14 Personen seien festgenommen worden. In der Nacht entdeckten Beamte den dritten Betonblock an Gleisen nach Dannenberg und an mehreren Bahnstrecken in Deutschland gelockerte Muttern. Wenige Kilometer vor Dannenberg nahm die Polizei vier Greenpeace-Aktivisten in Gewahrsam, die sich in Baum- kronen über der Bahnstrecke angekettet hatten. In den sechs Transport- und Aufbewahrungsbehältern vom Typ Castor befinden sich Glaskokillen, in welche die nicht verwertbaren Überreste deutschen Atommülls eingeschmolzen sind, der in La Hague wiederaufbereitet worden war. Der Atommüll soll bis auf weiteres im Zwischenlager Gorleben aufbewahrt werden. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 13.11.2001)