Kabul/Islamabad - Nach den jüngsten militärischen Rückschlägen kontrollieren die Taliban-Kämpfer in Afghanistan Angaben der Nordallianz zufolge jetzt weniger als 20 Prozent des Landes. Im Osten Afghanistans hätten die Taliban nach Aufständen der Bevölkerung vier Provinzen verloren, sagte der Innenminister der Nordallianz, Yunis Qanuni, am Mittwoch. Ob die Gebiete, in denen auch die Stadt Jalalabad liegt, jetzt von Kämpfern der Allianz kontrolliert würden, sagte der Minister nicht. Es gebe auch Berichte über Aufstände in der Taliban-Hochburg Kandahar, sagte Qanuni. Rückzug auch aus Urusgan und Logar Die Taliban-Truppen haben sich nach einer Meldung der in Pakistan ansässigen afghanischen Nachrichtenagentur AIP aus der zentralen Provinz Urusgan zurückgezogen. Damit bedrohten die vorrückenden Truppen der Nordallianz die Taliban-Hochburg Kandahar, meldete die Agentur am Mittwochmorgen. Die Provinzhauptstadt Tarin Kot sei von Soldaten der Nordallianz und Einheimischen übernommen worden. Die Taliban hätten auch die Provinz Logar geräumt, die Nordallianz habe die Provinzhauptstadt Pul-i-Alam unter ihre Kontrolle gebracht. Urusgan ist die Heimatprovinz des obersten Anführers der Taliban, Mullah Muhammad Omar. Nach dem Vormarsch der Nordallianz bis Kabul beherrschen die Taliban damit nur noch zehn der 30 Provinzen Afghanistans. 3.000 Nordallianz-Soldaten kontrollieren Kabul Einen Tag nach dem Abzug der Taliban haben Soldaten der Nordallianz die Kontrolle über die afghanische Hauptstadt Kabul übernommen. Nach Angaben der Nordallianz-Befehlshaber wurden 3.000 Soldaten in Kabul stationiert, um für Ordnung zu sorgen. Es handele sich nicht um eine Besetzung, hieß es weiter. Der Außenminister der Nordallianz, Abdullah Abdullah, lud alle afghanischen Gruppen mit Ausnahme der Taliban ein, nach Kabul zu kommen, um dort über die Zukunft des Landes zu verhandeln. Unterdessen legte der UNO-Gesandte für Afghanistan, Lakhdar Brahimi, einen Zweijahresplan vor, in dem eine Übergangsregierung sowie eine multinationale Friedenstruppe vorgesehen ist. US-Präsident George W. Bush sagte in Washington, dass die USA mit der Nordallianz in Kontakt stehe, um die Wahrung der Menschenrechte in den eroberten Gebieten sicher zu stellen. US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld sagte, eine kleine Zahl amerikanischer Soldaten halte sich in Kabul auf, die allerdings nicht in der Lage sei, etwaige Übergriffe zu verhindern. Der Oberbefehlshaber der amerikanischen Streitkräfte, General Richard Myers, erklärte, die Herrschaft der Taliban sei nach den jüngsten Erfolgen der Nordallianz auf den Süden Afghanistans beschränkt. Aber auch dort seien sie wegen der US-Luftangriffe und einheimischer Widerstandsgruppen nicht sicher, sagte der Vorsitzende des gemeinsamen Generalstabs der Teilstreitkräfte. Auch US-Spezialtruppen seien im Süden stationiert, sagte Myers, ohne nähere Angaben zu machen. (APA/Reuters/dpa)